Gesundheit Mehr Kranke durch Keime: Das tun Krefelder Kliniken dagegen

Krefeld · Das städtische Gesundheitsamt hat seit 2014 mehr Infektionen erfasst. Hygiene-Initiativen mit viel Aufklärung sind ein Baustein, die Zahlen zu verringern.

 Gehört in einer Klinik zum Hygiene-Standard: Die Desinfektion der Hände vor und nach dem Besuch eines Patienten.

Gehört in einer Klinik zum Hygiene-Standard: Die Desinfektion der Hände vor und nach dem Besuch eines Patienten.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Multiresistente Keime sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Medikamente schlagen nicht mehr an, schätzungsweise 10 000 Menschen sterben dadurch jedes Jahr deutschlandweit an Erkrankungen durch die Erreger, wie der BKK Landesverband Nord-West meldet. Gefährdet sind stark imungeschwächte, generell schwer erkrankte und ältere Menschen.

Die registrierten Fälle sind in Krefeld in den vergangenen Jahren gestiegen. Krankenhäuser, Behörden, Initiativen setzen allerdings seit Jahren verstärkt auf Hygienevorkehrungen und Aufklärung, um eine Ansteckung von vornherein zu vermeiden — wichtigstes Stichwort dabei: Händedesinfektion. Jede Klinik hat allerdings ihr eigenes System entwickelt.

Wie viele Patienten multiresistente Erreger (MRE) in sich tragen, wird nicht zentral erfasst. Denn wer solche Keime in oder an seinem Körper hat, muss keine Infektion entwickeln, viele bleiben gesund — gefährlich werden kann es hingegen beispielsweise bei einem größeren chirurgischen Eingriff. Die Kliniken untersuchen daher die Patienten, bevor sie sie auf gewisse Stationen aufnehmen und isolieren sie gegebenenfalls, behandeln erst den MRE. Dem Gesundheitsamt melden sie nur diejenigen, die tatsächlich mit dem Keim erkrankt sind, erklärt Irene Ehlers vom Krefelder Presseamt.

Eine Meldepflicht gibt es ab zwei Erkrankungen, dann wird auch der Infektionsschutz der Stadt aktiv und berät mit der Klinik, was zu tun ist. In den vergangenen Jahren haben die Krefelder Krankenhäuser mehr Fälle erfasst. Waren es 2014 noch acht, so wurden es 2015 bereits 20, 2016 waren es 25, im Jahr 2017 sogar 37 und vergangenes Jahr, Stand Anfang Dezember, 21. Um welche Kliniken es sich handelt, vermerkt das Gesundheitsamt in der Statistik nicht. Auch die Ursachen für die Zahlen sind nicht bekannt.

Das Helios-Klinikum Krefeld hingegen veröffentlicht Daten zu den drei wichtigsten MRE. In den Jahren 2015 bis 2017 gab es kaum Veränderungen. Etwa drei Prozent der Patienten sind demnach mit dem bekanntesten, dem MRSA, ins Krankenhaus gekommen, das heißt, sie hatten den Erreger schon im Vorfeld. Im Krankenhaus selbst haben weniger als 0,5 Prozent einen der MRE erworben — unabhängig davon, ob dieser auch zu einer Infektion geführt hat.

Das Klinikum nimmt unter anderem an der landesweiten sogenannten Hygiene-Initiative von über 340 Krankenhäusern teil. Diese wurde 2015 ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Übertragung der MRE so weit wie möglich einzudämmen. In Krefeld gehören, Stand 2015, neben den Helios-Kliniken noch die Alexianer- und die Klinik Königshof zu den Teilnehmern des Projektes. Die Malteser haben ein eigenes Netzwerk.

Kurze Ärmel beim Personal soll das Desinfizieren erleichtern

Die Hygiene-Initiative betont die Aufklärung von Besuchern, damit diese nicht unwissentlich Erreger ans Krankenbett bringen — eine häufige Ursache für Erkrankungen mit MRE. „Die einfachste und wichtigste Maßnahme ist die Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt“, sagt Marina Dorsch, Pressesprecherin der Helios-Klinik. Persönliche Ansprache, Infomaterial, Plakate an zentralen Stellen sind daher ein Teil des Programms. In der Krefelder Helios-Klinik greift eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, Hygieneteams kontrollieren die Stationen, laden zu Schulungen. Zudem hängen Desinfektionsspender bei jedem der 1200 Betten. Statt langärmeliger weißer Kittel tragen Ärzte und Mitarbeiter eine kurzärmelige Variante, die die Desinfektion der Hände bis zum Handgelenk erleichtert.

St. Josefhospital testet
Patienten vor der Aufnahme

Die Klinik setzt auf auf einen minimalen Einsatz sehr spezifischer Antibiotika statt Breitband-Präparate, um die Bildung weiterer Resistenzen einzudämmen. Die Alexianer-Klinik baut ebenfalls darauf, hat eine Quote für mehr Händedesinfektion, bietet selbst produzierte Filme für Personal sowie Patienten und Besucher an. Die Manus-Klinik verweist auf ein Interview mit Detlef Fastré, Hygiene-Beauftragter der Klinik Links vom Rhein in Köln. Dieser fordert unter anderem eine Vorabuntersuchung sämtlicher Patienten auf MRE.

Diesen Aspekt berücksichtigt bereits das St. Josefshospital. Bis 2017 war die Klinik Teil eines fünfjährigen Modellprojektes der Malteser zur Hygiene. Die Maßnahmen sind ähnlich wie in anderen Kliniken. Allerdings werden sämtliche Patienten, unabhängig von der Erkrankung und der vorgesehenen Station, auf bestimmte Keime getestet — teils Tage vorher. Bei speziellen Eingriffen erhalten die Patienten ein Desinfektionsset für zu Hause, um sicherzustellen, dass sich bis zum Eingriff keine neuen, möglicherweise gefährlichen Erreger ansiedeln, erklärt der Ärztliche Direktor der Malteser-Kliniken, Dr. Rainer Sadra.

Als wichtigsten Aspekt neben Tests und Hygiene nennt Sadra jedoch den dosierten Einsatz von Antibiotika auch außerhalb der Krankenhäuser: weniger Verschreibungen bei kleineren Infekten, weniger Medikamentengabe in der Tierhaltung, um den Keimen so wenig Chancen wie möglich zu geben, überhaupt einmal resistent zu werden.

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