Innenstadtgutachten Markus Ottersbach: „Krefeld fehlt das Ziel“

Krefeld · Interview Markus Ottersbach vom Handelsverband bezieht Stellung zu Gutachten von Junker und Kruse.

Gemeinsames Ziel für eine attraktivere Innenstadt formulieren
Foto: Ja/Bischof, Andreas (abi)

Mit Spannung hat der Handelsverband NRW Krefeld-Kempen-Viersen das überarbeitete Innenstadtgutachten von Junker und Kruse erwartet. Darin bescheinigt das Planungsbüro dem Handel, dass er ein zentrales Element der Innenstadt bleiben wird, er sich aber räumlich konzentrieren und stärker der Digitalisierung zuwenden müsse. Die jetzt vorliegende überarbeitete Fassung geht über Prognosen zur Handelsentwicklung hinaus. In ihrem sogenannten „Aufwertungsprogramm“ fordern die Gutachter „eine funktionale und städtebauliche Neuentwicklung“ – beispielsweise für den Theaterplatz – und sehen großes Potenzial für den Hirschfelder-Platz hinter Galeria Kaufhof.

Im nächsten Planungsausschuss am Mittwoch, 14. November, wird das fortgeschriebene Gutachten diskutiert. Die WZ sprach bereits jetzt darüber mit Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbandes NRW.

Von der Politik ist schon Kritik an dem Gutachten zu hören gewesen, es sei nicht konkret genug. Wie bewerten Sie das?

Markus Ottersbach: Bei dem ersten Gutachten hatten Junker und Kruse einen konkreten Untersuchungsauftrag. Sie sollten beantworten, ob ein innerstädtisches neues Einkaufszentrum kommen sollte oder nicht. Sie hatten sich dagegen ausgesprochen. Bei dem jetzigen zweiten Gutachten sollten sie überprüfen, was sich seitdem verändert hat und welche Perspektiven es gibt für den Handel und letztendlich für die Innenstadt. Das Ergebnis ist nicht so konkret wie beim ersten Gutachten. Vielmehr haben die Gutachter Spotlights genannt, um die man sich kümmern sollte. Das ist Fluch und Segen zugleich.

Weshalb?

Ottersbach: Fluch, weil sie keine konkreten Handlungsempfehlungen genannt haben, Segen, weil die entscheidenden Themen dennoch benannt worden sind und jetzt ein gemeinsames Ziel erarbeitet werden kann. Wenn wir das Ziel nicht kennen, finden wir auch nicht den Weg, den es einzuschlagen gilt.

Haben Sie ein Beispiel
dafür?

Ottersbach: Die Stadt Langenfeld zum Beispiel hat sich als größtes Ziel die Schuldenfreiheit gesetzt – und erreicht. Als jetzt das kostenpflichtige Parken beschlossen worden ist, gab es keine Probleme. Jeder hat erkannt, dass das für das gemeinsame Ziel notwendig ist. Wenn Krefeld sich beispielsweise zum Ziel setzen würde, die Stadt mit der saubersten Luft zu werden, dann weiß jeder, wie er bei den anstehenden Themen Mobilitäts- und Parkraumkonzept zu entscheiden hat.

Gibt es denn nicht schon genug Konzepte und damit gesetzte Ziele?

Ottersbach: In Krefeld wird immer wieder über Maßnahmen für die Innenstadt gesprochen, einzelne Aktionen beschlossen, das ist aber nicht genug. Es fehlt ein erklärtes, gemeinsames Ziel. Es gibt das Entwicklungskonzept zum Rahmenplan Innenstadt des bekannten Stadtplaners Prof. Klaus Humpert, das kommunale Integrierte Handlungskonzept für die Innenstadt, das „Persönlichkeitsbild der Krefelder Innenstadt“ sowie das „Integrative zentren-unterstützende Planungsprogramm“ und jetzt Stadtumbau West. Außerdem gibt es den Perspektivwechsel des Stadtmarketings, ein Markenbildungsprozess, wie Krefeld sich künftig positionieren soll, gemäß dem Slogan „Stadt wie Samt und Seide“. Dann gibt es das Stadtjubiläum 2023, darüber wird schon seit zwei Jahren geredet. Wenn die Ziele und Aufgaben 2019 nicht konkret formuliert werden, dann ist wieder nur Zeit vertan.

Sie fordern also ein Gesamtkonzept?

Ottersbach: Ja. Wir sollten uns jetzt noch einmal den Luxus leisten, darüber zu diskutieren – und es dann aber auch umsetzen und gemeinsam mit einer Stimme sprechen.

Stimmen Sie den Aussagen von Junker und Kruse in allen Punkten zu?

Ottersbach: Im Hinblick auf die Bewertung von Düsseldorf nicht. Die Gutachter meinen, die Rolle von Düsseldorf ist für Krefeld nicht abzufedern. Das ist in meinen Augen falsch. Gerade ein starkes Düsseldorf bietet für Krefeld die Möglichkeit der Differenzierung. Nicht alle Menschen haben Lust auf „Schicki Micki“ und können sich Düsseldorf bei den Mieten, Lebenshaltungskosten oder beim Einkaufen leisten. Daraus kann man doch etwas machen. Lasst doch Düsseldorf Düsseldorf sein.

Welche Möglichkeiten zur Positionierung bietet denn Krefeld?

Ottersbach: Das kann ich noch nicht detailliert sagen. Der Verband hat es sich für das kommende Jahr zur Aufgabe gemacht, zu benennen, was das sein könnte.

Was wünschen sich Kunden von einer attraktiven Stadt?

Ottersbach: Dass ihr Besuch angenehm, schön, bequem ist und für sie auch Überraschendes bietet.

Dazu zählt auch die Sauberkeit einer Stadt. Sind Sie zufrieden mit Krefelds Erscheinungsbild?

Ottersbach: Für mich ist die Sauberkeit okay, wird sind eben eine Großstadt und gemessen daran, dass die Stadt ihr Möglichstes tut, ist das in Ordnung. Es gibt tägliche Reinigungsrhythmen, die Sauber-Line der GSAK, gutes Equipement und eine optische Präsenz der Reinigungskräfte. Auch finde ich gut, dass der Oberbürgermeister den Kommunalen Dienst personell aufgestockt hat und dadurch Dinge kontrolliert. Saubermachen ist aber ein Hinterherrennen von denen, die Dreck machen. Die Botschaft muss sein: „Schmeiß’ deinen eigenen Dreck in den Abfalleimer und nicht auf die Straße.“

Es sind aber nicht nur Dreck und verschmutzte Gehwegplatten, sondern auch das ungepflegte Erscheinungsbild, beispielsweise in Teilen rund um den Stadtmarkt. Kümmerliche Pflanzkübel, abblätternde Farbe, sprießendes Unkraut vor Eingängen und Lokalen. Sind da nicht auch Hauseigentümer, Händler und Gastronomen gefordert?

Ottersbach: Wir müssen alle weiter arbeiten an Sauberkeit und Wohlfühlqualität in der Innenstadt. Wenn wir wissen, was unser Ziel ist, können wir die Dinge auch lösungsorientiert angehen.

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