Gänseplage: Die Jäger alleine stehen auf verlorenem Posten

Krefeld. Hat sie genug zu fressen, ist ihre Verdauung legendär: Alle sechs Minuten schießt ein Kotstängchen aus der Gans. Kein Spatzenkot, den wir schnell mal mit einem Tuch vom Mantel wischen können.

Gänseplage: Die Jäger alleine stehen auf verlorenem Posten
Foto: Jürgen Mohr-Schumann

Die Gans produziert ganz andere Kaliber. Ziemlich unappetitlich und gesundheitlich nicht unbedenklich.

Wenn der Biologe Johan Mooij hört, dass über „die Gänse“ gesprochen wird, schüttelt er mit dem Kopf. Er zählt auf, wer sich am Niederrhein tummelt: Grau-, Kanada-, Nil-, Saat-, Bless- und Weißwangengänse. Sie alle über einen Kamm zu scheren, wäre fatal, denn Saat-, Bless- und Weißwangengänse sind arktische Arten, die in unseren Breiten nur überwintern und nicht brüten — Wintergänse eben. Die anderen, die Sommergänse, machen die Probleme.

Wo kommen die her? Graugänse gab es bei uns in den 60er Jahren so gut wie nicht mehr. Jäger setzten am Niederrhein Grau- und an der Ruhr Kanadagänse aus, von wo aus sich die Tiere verbreiteten. Die Urahnen der Nilgänse waren Gefangenschaftsflüchtlinge, die von Großbritannien über die Niederlande nach Deutschland kamen. Seitdem fühlen sich die Sommergänse bei uns wohl. „Es ist den Leuten nicht beizubringen, dass sie Gänse und Enten nicht füttern sollen“, beklagt Mooij. Auch in der Natur gibt es genug Futter für die Tiere. Nilgänse freuen sich besonders über die Silagehaufen auf den Feldern.

Was also kann man gegen die Gänseplage unternehmen? Mooij: „Jedes Gewässer ist anders. Man muss für jedes Gebiet eine optimale Lösung suchen.“ Die Jäger alleine stehen auf verlorenem Posten. „Man müsste schon ein Maschinengewehr einsetzen, sollte nur die Bejagung eine Wirkung zeigen“, so Mooij.

Im Kreis Wesel haben sich Jäger, Landwirte und Naturschützer in einem Pilotprojekt organisiert, das von der Biologischen Station und der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung wissenschaftlich begleitet und vom Land NRW für fünf Jahre gefördert wird.

So genannte Gänseseminare sind dabei ein Ansatz. Jäger werden geschult, welche Arten überhaupt gejagt werden dürfen. Und wie sie effektiv gejagt werden können. Denn die Gefahr besteht, dass die Tiere nicht getötet, sondern krank geschossen werden, weil Flughöhe der Gans und Schussentfernung des Schrotgewehrs nicht übereinstimmen. Mooij: „Diese Art der Gänsejagd ist relativ neu. Auch die Jäger müssen lernen.“ Ganz wichtig ist dem Biologen: „Alles was geschossen wird, wird auch verwertet.“ Das Seminar bietet auch passende Rezepte an.

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