Volksbegehren : G8 oder G9: Krefelder stimmen über Turbo-Abi ab
Ab 2. Februar können Bürger für eine Rückkehr zum Abitur nach 13 Schuljahren stimmen. Krefelds Schulleiter halten den Schritt zurück für kritisch.
Krefeld. Wachsender Leistungsdruck, Paukerei bis in den späten Nachmittag, die kaum Freizeit lässt, Schüler und Eltern klagen über Lern-Bulimie, für die symptomatisch sei, dass ohnehin nichts hängenbleibe. Das Modell des Abiturs nach zwölf Schuljahren (G8), gerne als Turboabi verschrieen, hat seit seiner Einführung in NRW im Jahr 2005 viel Kritik hervorgerufen. Nicht zuletzt von der Elterninitiative „G9 jetzt!“, die im vergangenen Jahr landesweit deutlich mehr als die benötigten 66 000 Unterschriften für eine Rückkehr zu G9 gesammelt hat. In einem Volksbegehren sollen die Bürger nun darüber abstimmen, ob Schüler an Gymnasien in NRW ihr Abitur schon bald wieder nach 13 Jahren machen. Auch in Krefeld liegen die Listen hierfür ab dem 2. Februar im Rathaus sowie im Bürgerservice in Fischeln aus.
Zurück zu G9? Was für viele wie eine gute Nachricht klingen mag, löst in Krefelds Schullandschaft eher verhaltene Reaktionen aus. „Bei allem wird immer das Wohl der Schüler vorgeschoben. Doch die erscheinen mir letztlich die Leidtragenden“, betont Horst Obdenbusch, Schulleiter am Fabritianum in Uerdingen und Sprecher der Krefelder Gymnasien. Er warnt vor einer „erneuten Ernüchterung über das, was bei der Umstellung von der Umstellung herauskommen würde. Viele glauben, man müsse nur ein Jahr anhängen. Das ist ein Irrglaube.“ Als Schulleiter appelliert er, sich einen erneuten Wandel gut zu überlegen — „um erneute Unruhe unter den Schülern und Lehrern sowie vermutlich erneut fehlende rechtzeitige Vorbereitung von Lehrplänen, Büchern und vielem mehr zu vermeiden“.
Auch die Schulleiterin des Gymnasiums am Stadtpark ist skeptisch: Ein Wechsel von G8 zu G9 „wäre für alle Schulen eine große Herausforderung, die mit einer hohen Arbeitsbelastung und großer Unruhe verbunden wäre“, sagt Anja Rinnen. Sie betont aber auch, „dass G8 in der jetzigen Form nicht haltbar ist“ — und nennt Beispiele dafür: Da sei etwa die Tatsache, „dass Schüler mit Bestehen der Jahrgangsstufe 9 zwar die Berechtigung haben, die Oberstufe zu besuchen, aber keinen mittleren Schulabschluss.“ Letztlich werde das von Befürwortern aus der Politik gewünschte Ziel von G8, Schüler schneller für den Arbeitsmarkt verfügbar zu machen, nicht erreicht, „da viele ihre Ausbildung nicht sofort nach dem Abi beginnen, sondern eine Orientierungsphase einschieben“, sagt Rinnen.