Fotografie Volker Döhne, der Pensionär auf Erfolgstour

Krefeld. · Der einstige Schüler des Düsseldorfer Kunstakademie-Professors Bernd Becher schwärmt von bunten Autos und macht den Inrather Berg unsicher.

 Volker Döhne entdeckte diese farbenfrohen Vehikel an der Reinshagener Straße in Krefeld im Jahr 1979.

Volker Döhne entdeckte diese farbenfrohen Vehikel an der Reinshagener Straße in Krefeld im Jahr 1979.

Foto: Volker Döhne

Kaum hatte Volker Döhne seinen Job als Hausfotograf und Grafiker bei den Kunstmuseen Krefeld aufgegeben und war 2018 in Rente gegangen, da legte er richtig los. Drei Bücher hat er seitdem im Greven-Verlag herausgebracht, und das dritte Buch ist das schönste geworden. „Bunt“ nennt es sich. Es ist eine Zeitreise in die 1970er Jahre, als farbenfrohe Autos das triste Stadtbild im Nachkriegsdeutschland aufhellten. Als er 2019 eine 12er-Auflage über die Krefelder Museen anbot, für nur 350 Euro pro Stück, war die Edition sofort verkauft. Längst hat er ein neues Thema gefunden, das teilweise in Krefeld „spielt“. Wir besuchten den Pensionär in seiner Wohnung in Stadtmitte. Wir wollten wissen, was es mit den bunten Autos auf sich hat und was er sonst noch treibt.

Bernd Becher riet seinem Schüler von der Farbfotografie ab

 Vor dem grauen Rathaus an der Fastenrathstraße in Remscheid wirkten die bunten Autos aus dem Jahr 1979 besonders gut.

Vor dem grauen Rathaus an der Fastenrathstraße in Remscheid wirkten die bunten Autos aus dem Jahr 1979 besonders gut.

Foto: Volker Döhne

Döhne wurde 1953 in Remscheid geboren, machte eine Lehre als Schriftsetzer beim Remscheider Generalanzeiger und bewarb sich an der Kunstakademie Düsseldorf im Fach Buchkunst und Textgestaltung. Als er den Orientierungsbereich absolviert hatte, war jedoch der Dozent verschwunden und als Professor zur Fachhochschule Düsseldorf gegangen. Döhne wollte schon die Brocken schmeißen und in die Industrie abwandern, als Bernd Becher berufen wurde. Der sah sich seine Fotos von Haustüren an und nahm ihn in die Klasse.

Warum aber bunte Autos? Die Antwort irritiert: „Deutschland war grau, Remscheid war noch grauer. Da waren die farbenfrohen Vehikel gerade recht. Der Farbkontrast zum Hintergrund war wunderbar, vor allem zur Grauwacke am Remscheider Rathaus passten die neuen Autos gut.“

Nun hätte man meinen können, Bernd Becher sei begeistert von den Motiven in den Primär-
farben. Das Gegenteil war der Fall. Ihm gefielen die Farben der Positive partout nicht. Döhne weiß längst, warum das so ist: „Becher hatte selbst immer wieder in Farbe fotografiert, aber war unzufrieden damit. Das lag natürlich auch an seinen Sujets. Gaskessel eignen sich nicht für Farbe.“

Döhne aber zeigte seinem Lehrer die roten, gelben und grünen Autoaufnahmen erst gar nicht mehr. Die Autoserie entstand 1978 und 1979. Döhne liebt sie noch heute und lobt den glänzenden Lack, der in der Sonne strahlt. Es war die Zeit, als die Deutschen so vernarrt in ihre Fahrzeuge waren, dass sie sie von Hand wuschen. Samstags war Waschtag. Döhne machte Dias, die er in der Großbildkamera belichten konnte. Die Abzüge besorgte ihm eine der vielen Drogerien, die damals sehr gute Fotoabteilungen hatten.

Der Student mit der ersten Großbildkamera in der Klasse

Er war der erste Student mit eigener Großbildkamera. Er erzählt: „Es gab drei Kameras in der Becher-Klasse. Ich wohnte nie in Düsseldorf. Wenn ich aus Remscheid angereist kam, waren die Kameras längst weg. Da hätte ich wieder nach Hause fahren können.“ Das Geld für den Apparat hatte er sich beim Remscheider Generalanzeiger verdient, bei dem er in den Urlaubsmonaten aushalf. Nur ein eigenes Stativ besaß er noch nicht. Das lieh ihm sein Lehrer Becher. Als er das nötige Geld zusammen hatte, kaufte er sich ein eigenes Stativ und gab das geliehene zurück.

Nun ist Döhne nicht der Mann, der sich auf dem freien Feld der Fotografie mit Kommilitonen und Konkurrenten herumschlagen wollte. Als er 1980 nach Krefeld zog und seinen Job in den Krefelder Museen antrat, steckte er die Dias mit den Autos in „Tütchen“, und die Tütchen in den Schrank. Erst zur Retrospektive in Krefeld holte er sie wieder hervor, machte Abzüge oder scannte sie ein.

Inzwischen gibt es frühe Fotos von ihm im Frankfurter Städel, in der Kulturstiftung der Stadtsparkassen Köln-Bonn und in Krefeld. Und da Döhne nie auf Rosen gebettet war und als Sachbearbeiter für Öffentlichkeitsarbeit auch nicht zu den Top-Verdienern gehörte, ging er davon aus, dass Fotos nicht teuer sein müssen. Das Gros seiner Bilder hat er jedenfalls verschenkt. Nur die Krefelder Museumschefs in den 1990er Jahren, Julian Heynen und Gerhard Storck, waren anderer Ansicht und kauften die Abzüge. „Das waren meine ersten Kunden“, sagt Döhne heute.

Besuch auf dem Inrather Berg,
der Schutthalde aus dem Krieg

Als Pensionär blüht er auf und arbeitet schon am nächsten Projekt. Es gilt dem Inrather Berg im Hülser Bruch, einer Schutthalde, die aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs besteht. Döhne berichtet vom Großangriff der Briten auf Krefeld. 705 Bomber waren beteiligt, die 2000 Tonnen Bomben über der Stadt abwarfen. Die deutsche Luftverteidigung schoss 44 Maschinen ab, darunter die Vorhut jener Flieger, die an den designierten Punkten über Krefeld Leuchtkörper abfeuern sollten.

Da die Vorhut abgeschossen wurde, gerieten die nachfolgenden Flieger in Panik und warfen ihre Bomben einfach ab, vor allem im Hülser Bruch. Bomber, die die Verteidigung durchbrachen, zerstörten die Stadt. Vor dem Kaiser Wilhelm-Museum machten sie die City platt, dahinter blieb die Stadt weitgehend intakt.

Die Schutthalden des Inrather Bergs bilden die höchste Erhebung der Stadt Krefeld, sie liegen 87 Meter über dem Meeresspiegel. Heute wirkt dieser Trümmerberg wie ein natürlicher Berg. Je nach Wetterlage sieht Volker Döhne von dort auf die Felder der „Folienbauern“, den Hafen, die Landschaft, die vielen Windkraftanlagen und zuweilen auch bis nach Düsseldorf.

Er will die Krefelder Halde mit der von Rheinpreußen und der Eiszeit-Halde auf den Süchtelner Höhen vergleichen. Was genau aus seinem Überblick über den Niederrhein wird, weiß er noch nicht. Wie stets landen die Aufnahmen zunächst einmal in der Schublade. Dort müssten sie „reifen“.

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