Es fehlen Physiotherapeuten
So wie im Bereich der Pflege ist auch diese Branche von einem Fachkräftemangel betroffen. Die Ausbildung ist teuer und die Bezahlung schlecht.
Krefeld. Dass es im Bereich der Kranken- und Altenpflege einen großen Personalmangel gibt, ist unstrittig. Und seitdem ein junger Pfleger in einer Wahlkampf-Sendung Bundeskanzlerin Angela Merkel mit diesen Problemen konfrontiert hat, ist der Fachkräftemangel in der Pflege sogar in Medien und Politik wieder präsent. Aber auch in anderen Bereichen rund ums Thema Gesundheit gibt es massive Personalprobleme. Zum Beispiel in der Physiotherapie.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit von Juni 2017 gibt es in fast allen Bundesländern einen Personalmangel in der Physiotherapie. „Die Stellen in der Physiotherapie sind im Durchschnitt 144 Tage vakant und damit 44 Prozent über dem Durchschnitt“, heißt es in der Statistik der Behörde. Zum Vergleich: Bei Krankenpflegern beträgt diese Vakanz laut Agentur 140 Tage.
„Der Fachkräftemangel in unserer Branche ist seit Jahren bekannt. Und die Politik kümmert sich überhaupt nicht darum“, moniert der Kempener Physiotherapeut Ruud Stefelmanns. Junge Menschen, die in den Beruf wollen, würden sich mit Blick auf die kostenintensive Ausbildung schnell wieder umentscheiden. „In Deutschland gibt es kaum staatliche Schulen für die Physiotherapie“, so Stefelmanns, der seit 32 Jahren in Kempen eine eigene Praxis hat. Für viele bleibe nur der Gang in eine private Ausbildung — „und die kosten 450 Euro pro Monat“, ergänzt Stefelmanns: „Die Erhebung von Studiengebühren wird in Deutschland häufig als unsozial bezeichnet. Zur Physiotherapie sagt aber kaum einer der Politiker etwas.“
Stefan Bertl, der mit einem Geschäftspartner die Praxis am Sollbrüggenpark in Bockum betreibt, sieht massive Probleme im Bereich der Physiotherapie. „Wenn nicht eingegriffen wird, wird das in den nächsten Jahren ein ganz großes Problem im Gesundheitsbereich“, so Bertl. Schon jetzt sei es sehr schwierig, an geeignetes Personal zu kommen. In der Praxis in Bockum, die seit 2012 existiert, ist seit mehreren Monaten eine Vollzeitstelle vakant. „Zu tun haben wir genug. Wir werden sogar oft gefragt, ob wir uns vergrößern wollen“, sagt Bertl. „Das ist personell aber nicht machbar.“
So wie Stefelmanns sieht auch der Krefelder Therapeut ein Problem in der teuren Ausbildung. „Es gibt ja auch viele sinnvolle, aber teure Zusatzausbildungen“, sagt Stefan Bertl. Für die sogenannte manuelle Therapie müsse man sich als Physiotherapeut zwei Jahre lang neben dem Beruf weiterbilden — das koste rund 3500 Euro.