Erzieherin schlägt Alarm: Mehr Personal statt Kursen

Mit Entspannungsübungen und Gymnastik sollen Arbeitsbedingungen verbessert werden. Doch das ändere an den Defiziten nichts, sagt eine Betroffene.

Krefeld. Über ein Pilotprojekt zur Gesundheitsförderung für Mitarbeiter in Krefelder Kitas mit Hilfe von Gymnastik- und Entspannungskursen kann sich eine Erzieherin nur wundern. Mehr noch: Sie ist fassungslos und bezeichnet die Maßnahme als reine „Augenwischerei“. Ursachen der Belastung wie zu wenig Personal und zu große Gruppen müssten abgeschafft werden, um die Arbeitsbedingungen wirklich zu verbessern, findet sie.

Der Hintergrund: Die Stadt Krefeld und die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen kooperieren bei der Fortentwicklung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) und starten das Projekt in zwölf städtischen Kitas. Ziel sei es, nach einer Arbeitsplatzbegehung die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu optimieren und vor Ort Hilfestellungen für ein gesundheitsförderliches Verhalten der einzelnen Mitarbeiter anzubieten; unter anderem Maßnahmen zur Gesundheitsförderung wie eben Gymnastik- und Entspannungskurse.

„Ich bin seit 40 Jahren im Beruf und als Mitarbeiterin in einer konfessionellen Krefelder Kita wundere ich mich, dass die krankmachenden Defizite in den Kitas, durch eine ,Arbeitsplatzbegehung‘ verbessert werden sollen. Angebliche ,Experten‘ wollen in ,Gesundheitswerkstätten‘ unsere Arbeitsbedingungen optimieren. Die Unfallkasse müsste es besser wissen.“

Die Erzieherin, deren Namen der WZ bekannt ist, hätte einen anderen Vorschlag. „Die Rahmenbedingungen wie zu große Gruppen, zu wenig Personal und krankmachende Lärmbelästigung sind seit Jahren bekannt und wurden nicht verbessert. Deshalb sollten die Verantwortlichen endlich für eine flächendeckende und ausreichende Krankheitsvertretung sorgen.“ Bisher sei beispielsweise für „Springer“ kein Geld vorhanden.

Was würden den Erziehern Entspannungs- und Gymnastikkurse nutzen, wenn sie wegen des Personalmangels noch nicht einmal eine heftige Erkältung in Ruhe auskurieren könnten? „Für eine Gesundheitsförderung der Mitarbeiter brauchen wir keine Pseudomaßnahmen, sondern endlich ehrliche und verantwortungsvolle Unterstützung. An der Ursache muss sich etwas ändern.“

Ganz wichtig findet die Erzieherin auch: „Es wird immer vergessen, dass gerade auch die Kinder ihrem eigenen extremen Lärm ausgesetzt sind. Dies ist ganz sicher nicht gesundheitsförderlich.“ So lange die Rahmenbedingungen in Richtung Arbeitsschutz — insbesondere Lärm — nicht deutlich verbessert würden, seien nach ihrer Einschätzung Entspannungsmaßnahmen für Erzieherinnen reine Kosmetik.

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