Ökumene in Krefeld Evangelen und Katholiken unter einem Kirchendach

Krefeld · Dieser Schritt hat Modellcharakter: Aus St. Pius und Lukaskirche wird die Pius-Lukas-Kirche samt ökumenischen Gemeindezentrum.

 Dorothea Blum (v.l.), Birgit Rauh-Ruppelt, Marita Hoffmann, Pfarrer Christoph Zettner, Petra Bleier, Pfarrer Christoph Tebbe, Angelika von Leliwa und Michael Lorenz vor der Pius-Lukaskirche. 

Dorothea Blum (v.l.), Birgit Rauh-Ruppelt, Marita Hoffmann, Pfarrer Christoph Zettner, Petra Bleier, Pfarrer Christoph Tebbe, Angelika von Leliwa und Michael Lorenz vor der Pius-Lukaskirche. 

Foto: Lothar Strücken

Die gelebte Ökumene hat in Gartenstadt eine lange Tradition. Doch nun gehen die dortige evangelische und katholische Gemeinde einen für Krefeld erstmaligen und für das Rheinland und die kirchliche Welt in Deutschland wegweisenden Schritt. „Wir bilden eine christlich-ökumenische Wohngemeinschaft“, sagt Pfarrer Christoph Zettner für die katholische Kirchengemeinde St. Nikolaus. Unter dem neuen Namen „Pius-Lukas-Kirche, ökumenisches Gemeindezentrum Gartenstadt“ gibt die eine Seite die eigene Kirche auf und zieht mit ein in die Kirche der anderen Seite. Dieser Schritt wird mit einem Gottesdienst am 6. September um 14 Uhr an der Traarer Straße 380 gefeiert.

Kirchenaustritte bereiten
den Gemeinden Sorgen

„Ökumene zu leben, wo möglich, als Kirche im Stadtteil sichtbar zu bleiben und in Richtung Einheit weiter voran zu ziehen, das ist unserer Ziel“, sagt Christoph Zettner, Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde St. Pius X., die inzwischen Teil der Kirchengemeinde St. Nikolaus ist. Beiden christlichen Kirchen bereiten die Kirchenaustritte Sorgen und die schwindende Verankerung in der Gesellschaft. Wuchsen früher die Menschen mit kirchlicher Trauung, Taufe, Kommunion und Konfirmation Schritt für Schritt in die Gemeinschaft rein, verhält sich das heute in dem Maße anders.

Die Zahlen der Kirchenaustritte machen das sichtbar. Um ein bis zwei Prozent gehen jährlich die Mitgliederzahlen zurück. „Allein in Krefeld-Nord sind das pro Jahr 30 bis 40 Austritte“, sagt Pfarrer Christoph Tebbe von der Lukas-Kirche für seine Kirchengemeinde. In etwa die selbe Zahl an Krefeldern tritt auch in der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus aus. „Perspektivisch bedeutet das, dass Pfarrstellen künftig nicht mehr so besetzbar sind wie bisher“, sagt für die evangelische Gemeinde Presbyter Michael Lorenz.

Bevor die evangelische Gemeinde sich in Gänze aus Gartenstadt hätte zurückziehen müssen, suchten beide Gemeinden 2014 erstmals das Gespräch. Die Glocken im Turm der Lukaskirche läuteten schon lange nicht mehr, der marode Turm war abgerissen worden. „Die 200 000 Euro wollten und konnten wir nicht einfach in Steine investieren“, erklärt Birgit Rauh-Ruppelt, Presbyterien in Krefeld-Nord.

„2015 gab es die ersten Gespräche offiziell auf Leitungsebene“, erinnert Tebbe. Ende des Jahres wurde das Vorhaben in den Pfarr- und Gemeindebriefen veröffentlicht; 2016 folgte die erste Versammlung. „Extra so früh, um die Gemeinden in die Überlegungen mit einzubeziehen“, so Tebbe. Es gab viele Detailfragen, ein Nutzungsvertrag wurde erarbeitet. Am 19. November des vergangenen Jahres, dreieinhalb Jahre später, wurde der Vertrag mit Zustimmung des Bistums Aachen und des Landeskirchenamtes Rheinland von beiden Gemeinden unterschrieben.

Dass die Lukas-Kirche ihre Räume aufgibt und nicht umgekehrt, hat mit dem gemeinsamen Raumbedarf zu tun. „Wir haben hier schlichtweg die größeren Räumlichkeiten“, erklärt Zettner für St. Pius. Beide Gemeinden werden künftig in St. Pius ihre Gottesfeiern abhalten. Nach einer Renovierung wird das Tabernakel an eine andere Stelle in den beiden ineinander übergehenden Räumen gestellt, der Altar und das 3,50 Meter hohe hölzerne Kreuz aus der Lukas-Kirche finden in St. Pius einen neuen Standort.

Eine bestimmte Vorgabe, wo die jeweiligen Gottesdienste stattzufinden haben, gibt es nicht. „Sowohl als auch“, sagen Tebbe und Zettner. Beide Gottesdienste bleiben bestehen, ein gemeinsames Abendmahl wird es (vorerst) nicht geben. Aber überall dort, wo Ökumene möglich und lebbar ist, soll es sie geben. Ein möglicher Knackpunkt der neuen Wohngemeinschaft? „Nein, wir haben in den Vertrag gesetzt, dass wir aufeinander Rücksicht nehmen, und nichts tun, was den anderen stören würde“, betont Zettner.

Erfahrung in der Ökumene haben sie ja schon seit vielen Jahren. Unter anderem durch das „Gemeinsame Haus“ in Elfrath, das vor 26 Jahren neu gebaut und eröffnet wurde. Die Lukaskirche wird demnächst abgerissen. „Die evangelische Altenhilfe hat sich bei uns gemeldet und wird dort altengerechte Wohnungen für Gartenstadt bauen“, erzählt Tebbe. Mit diesem Schritt werden beide Gemeinden Vorreiter für weitere Kirchengemeinden sein.

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