Solidarität Emmaus sucht eine Halle als Lager

Krefeld · Weil im Lockdown auch im Secondhand-Markt nichts verkauft werden darf, ist kein Platz da für neue Spenden. Das sei viel zu schade, sagt Elisabeth Kreul und bittet Krefelder jetzt um Mithilfe.

 Die Räume des Secondhand-Marktes von Emmaus sind voll. Elisabeth Kreul sucht nach einer weiteren Lagerhalle. 

Die Räume des Secondhand-Marktes von Emmaus sind voll. Elisabeth Kreul sucht nach einer weiteren Lagerhalle. 

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

„Anders Leben mit: Teilen“ lautet das Credo der Emmaus Gemeinschaft. Sie setzt sich für die Schwächsten in der Gesellschaft ein, gibt Menschen wieder eine Lebens- und Arbeitsperspektive, wenn sie die aus den verschiedensten persönlichen Gründen aus den Augen verloren haben. Sie finanziert sich selbst durch ihren Secondhand-Markt an der Peter-Lauten-Straße und durch diverse Dienstleistungen wie beispielsweise Wohnungsauflösungen, Gartenbau und Fahrrad-Werkstatt mit Verkauf. Doch derzeit stehen alle Räder still, der Verkauf von gebrauchten Sachen ist im zweiten Lockdown nicht möglich. „Dennoch kriegen wir regelmäßig sehr gute Sachspenden angeboten, die wir aber aufgrund des fehlenden Platzes nicht mehr annehmen können“, erzählt Geschäftsführerin Elisabeth Kreul. Deshalb sucht sie begrenzt für etwa zwei Monate eine 200 Quadratmeter große Halle.

Durch den Verkauf finanziert
sich die Gemeinschaft

Seit elf Wochen schon darf das Team in seiner großen Halle nicht mehr verkaufen, anders als noch im ersten Lockdown, wo unter den Sicherheits- und Hygienevorkehrungen Möbel, Haushaltswaren, Deko und Kleidung weiter verkauft werden konnte. „Auch jetzt verkaufen wir noch ein bisschen übers Internet, aber das ist viel Aufwand wegen der einzustellenden Fotos und der Antworten auf Fragen – und der Erlös ist gering“, erzählt Elisabeth Kreul. Gut, dass sie noch Spenden erhielten, denn ohne könnte die Emmaus-Gemeinschaft in Krefeld nicht überstehen. Die möglichen staatlichen Überbrückungshilfen seien für ein solches Sozialunternehmen viel zu gering.

Deshalb tut es ihr auch in der Seele weh, wenn sie in diesen Wochen regelmäßig Fotos von guten Möbeln und Sachspenden zugeschickt bekommen, die sie abholen könnten – wenn sie denn den Platz dafür hätten. „Da wir derzeit nichts verkaufen, wird auch kein neuer Platz in unserer Halle leer“, sagt Elisabeth Kreul betrübt. Um nicht alles ablehnen zu müssen, würden die Emmaus-Leute die Spenden gerne an Gemeinschaften in anderen Ländern weitergeben. Ganz im Sinne des Emmaus-Gründers Abbé Pierre, dem es darum ging, Solidarität mit den Schwächsten zu zeigen und durch das Leben und Arbeiten in der Gemeinschaft den Menschen einen neuen Lebenssinn zu geben.

Seit vielen Jahren unterstützt die Krefelder Gemeinschaft unter anderem die Emmaus-Gemeinschaft im rumänischen Iasi, nordöstlich gelegten in der Nähe zu Moldawien. Elisabeth Kreul war persönlich auch schon dort.

2001 hat sich dort eine Emmaus-Gemeinschaft gegründet und begonnen, insbesondere jungen Obdachlosen Schutz, Arbeit, einen Platz in der Gesellschaft und Würde zu bieten. Es sind oftmals Roma, eine ursprünglich aus Indien stammende Ethnie, die in Südosteuropa stigmatisiert und ausgegrenzt werden, nur schwer Zugang zu Bildung erhalten und um ihre Existenz kämpfen. „Ohne Obdach leben die Jüngern dort in der Kanalisation“, erzählt Elisabeth Kreul. Um die kümmere sich die Gemeinschaft ebenso wie um ein Roma-Dorf am Stadtrand, das sie selber besichtigt habe.

Die Gemeinschaft hat dort ein Gemeindehaus eröffnet, betreibt einen Flohmarkt, um sich selber zu finanzieren und erwirtschaftet auf einem 40 Kilometer entfernten Bauernhof eigenes Gemüse und Fleisch. „Sie schauen, so viel wie möglich für ihre Leben und ihre Hilfen selbst zu erwirtschaften“, erzählt Kreul, die selber inzwischen seit 30 Jahren für und mit Emmaus lebt. Die Krefelder ebenso wie französische Gemeinden unterstützen die rumänische Gemeinschaft, in dem sie sie mit Kleidung, Möbeln und dem Nötigsten für ihren Flohmarkt versorgen.

Deshalb sucht Elisabeth Kreul in Krefeld oder näherer Umgebung eine möglichst kostenfreie Halle für zwei Monate, die etwa 200 Quadratmeter groß und trocken sein sollte und an die man mit einem 38-Tonnen-Lkw gut ran fahren kann. Einmal im Jahr schickt Emmaus Deutschland einen Hilfstransport nach Rumänien, bislang von Sonsbeck aus. Angesichts der Mengen im hiesigen Secondhand-Markt und der im Lockdown angebotenen Sachen wäre es jedoch schön, wenn der Transport diesmal von Krefeld aus starten könnte. Wer ernsthaft dabei helfen kann, möge sie anrufen unter der Mobilnummer 0172 / 497 4601. In zwei Monaten, so hofft Kreul, wäre eine zusätzliche Halle nicht mehr vonnöten. Bis dahin hofft und glaubt sie fest daran, dass der Secondhand-Markt wieder öffnen und verkaufen darf. 

Darüber würden sich nicht zuletzt auch die Besucher des Tagestreffs „Die Brücke“ an der Tannenstraße freuen. Denn auch dieses Angebot für bedürftige Menschen von der Straße stemmt die Emmaus-Gemeinschaft aus eigener Kraft und mithilfe von Spenden. Ganz im Sinne des gemeinsamen Teilens.

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