Eine Schule blutet langsam aus

800 Schüler besuchten einst die Gartenstadtschule. Ab Sommer werden es wohl noch 250 sein.

Krefeld. Einst hatte die Gartenstadt-Schule 800 Schüler. Das ist lange her. Als Schulleiterin Petra Klisch vor neun Jahren ihre Arbeit an der Breslauer Straße aufgenommen hat, waren nur noch 350Schüler übrig geblieben. Und mit der aktuellen Zahl von 280 Hauptschülern ist das Ende noch nicht erreicht: "Ich denke mal, im kommenden Schuljahr werden wir nur noch 250 Schüler haben", befürchtet Petra Klisch.

Gleichzeitig sieht die Schulleiterin in den aktuellen Anmeldezahlen von gerade mal 19 Jungen und Mädchen keinen Weltuntergang. "Für unsere Schule ist das völlig in Ordnung." In der integrativen 5. Klasse dürfen eh nur 18 Regel- und sechs Förderschüler gemeinsam am Unterricht teilnehmen. 20 Regelschüler seien dabei noch akzeptabel.

Mehr Schüler könnten laut Klisch nicht in eine Klasse genommen werden - doch es würden wohl auch nicht mehr kommen. Die Hauptschulen bluten offenbar langsam aus: Auch am Danziger Platz und am Wehrhahnweg können die dortigen Hauptschulen nur eine Klasse mit je 18 Schülern bilden. Und genau das findet Petra Klisch, die gleichzeitig Sprecherin aller Krefelder Hauptschulen ist, fatal.

"Unsere Aufgabe ist es, die Schüler in eine Berufsausbildung zu bringen." Niemals habe der Auftrag existiert, die Absolventen auf eine akademische Laufbahn vorzubereiten. Doch genau das - zumindest die Option darauf mit entsprechender Hochschulreife - sei immer noch gesellschaftlich verankert. "Das ist ein falsch verstandendes Bildungsbewusstsein nach dem Motto: ,Unser Kind muss studieren’."

Dieses Leistungsdenken mache auch vor den Toren der Gartenstadt-Schule nicht Halt. "95 Prozent der Kinder an unserer Schule sind nicht mit der ersten Wahl hier." Viele Kinder seien dem Druck ihrer Eltern ausgesetzt, die nur das Beste für ihre Kinder wollten, aber häufig das Gegenteil damit erreichten. "Hier kommen die Kinder ohne Kopf- und Bauchschmerzen zur Schule", erklärt die 57-jährige Schulleiterin.

Ohne Angst und mit dem Gefühl, den Leistungsanforderungen gewachsen zu sein, könnten die Jungen und Mädchen dann während ihrer Hauptschullaufbahn dann tatsächlich zu Höchstleistungen kommen."Das Wissen, angstfrei zur Schule gehen zu können, bringt Sicherheit."

Und mit der Sicherheit wachse auch das schulische Selbstbewusstsein. Am Ende könne sogar die Klasse 10B herausspringen. "Das ist unsere Elite", meint Petra Klisch.

Die Überzeugung, dass die Hauptschule eine solide Basis sein kann, "müssen wir in die Köpfe hineinkriegen". In der Landespolitik sei dies angekommen, nicht aber bei den Eltern.

Betroffene Rückmeldungen von Vätern und Müttern über den schleichenden Untergang der Hauptschulen (18 Schüler sind die Mindestzahl für eine Klassenbildung) gebe es nicht. Dafür aber beim Lehrerkollegium von Petra Klisch: "Es herrscht ein bisschen Endzeitstimmung."

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