Ein Helios-Betriebsrat zum Abschied: Der Verkauf war aufregend

Jürgen Hilgers hat nicht mehr für den Betriebsrat des Klinikums kandidiert. Der langjährige Vorsitzende geht in Ruhestand.

Krefeld. Die gefährlichste Klippe seit Bestehen des Klinikums hat Jürgen Hilgers mit umschifft. Das ist aus Sicht des Arbeitnehmervertreters die drohende Insolvenz der Städtischen Krankenhäuser Krefeld im Jahr 2007 und der anschließende Verkauf der Häuser am Lutherplatz und in Hüls an den privaten Krankenhausträger Helios gewesen.

Der langjährige Betriebsratsvorsitzende nimmt langsam Abschied. Bei den gerade abgeschlossenen Neuwahlen hat der Verdi-Mann nicht mehr kandidiert. Zum 1.September geht der 62-Jährige offiziell in die Freizeitphase der Altersteilzeit. Im Interview blickt er zurück.

Jürgen Hilgers: 1995 die Umwandlung der Krankenanstalten in eine gemeinnützige GmbH und damit der Übergang des Klinikums in eine selbstständige Tochtergesellschaft. Das war eine spannende Zeit. Ich bin das letzte Betriebsratsmitglied, das das noch miterlebt hat. Damals wurde zum Beispiel der Gestellungsvertrag mit der DRK-Schwesternschaft erstmals gekündigt und anschließend neu verhandelt. Bis dahin durfte die Krankenhausleitung selbstständig keine weiblichen Pflegekräfte einstellen. Nur Pfleger. Denn die durften nicht Mitglied bei der Schwesternschaft werden. Der Einsatz im Krankenhaus lief nur über die DRK-Schwesternschaft, und da durften Männer nun mal nicht Mitglied werden. Das habe ich als Gewerkschaftler nicht verstanden, und mich deshalb für die Selbstbestimmung der Schwestern eingesetzt.

Hilgers: Ja, das waren goldene Zeiten für Krankenhäuser. Es galt das Kostendeckungssystem. Die Krankenkassen zahlten alles, was die Einrichtungen vorlegten. Dann kam zunächst die Budgetierung, das war noch human. Und dann die Umstellung auf Fallpauschalen. Diese Entwicklung hat Krefeld verpasst. Von da an ging's es los mit der finanziellen Talfahrt.

Hilgers: Die Monate vor dem Verkauf, im Sommer und Herbst 2007. Wir haben damals ja eine Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren organisiert. Und so viele haben unterschrieben. 24.000 Krefelder hatten gefordert, dass als Partner fürs Klinikum ausschließlich ein kommunales Krankenhaus gesucht werde. Der Rat hatte das Bürgerbegehren wegen einer angeblich nicht ausreichenden Begründung abgelehnt. Ein Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht im Nachhinein wurde abgelehnt. Trotz dieser Enttäuschung war es toll, eine solche Unterstützung von den Krefeldern zu erleben.

Hilgers: Ja, diese Intensität. Die meisten Menschen auf der Straße zeigten sich sehr verbunden mit ihrem Klinikum. Auch die Besucher von außerhalb. Dabei haben wir aber auch Dinge gehört, die man sonst als Betriebsrat nicht mitkriegt.

Hilgers: Die Kritik an alten Gebäuden, an der darin teils fehlenden Sauberkeit, Kritik an Chefärzten, aber auch an der damaligen Geschäftsführung. Alles Gründe, weshalb die Belegzahlen stetig sanken.

Hilgers: Die einen sagen, Verdi habe damals verloren. Doch ich meine, Verdi hat gewonnen. Wir haben diesen Prozess mitbegleitet und für die Arbeitnehmer gekämpft, zum Beispiel durch die Mitarbeit am Sozialplan.

Hilgers: Einerseits bin ich zufrieden. Helios arbeitet wirtschaftlich, beide Krankenhäuser konnten ebenso wie viele Arbeitsplätze erhalten bleiben. Andererseits: Wir hatten dieselben Ideen wie Helios, uns fehlten jedoch die finanziellen Mittel.

Hilgers: In der Verwaltung sind kaum Stellen abgebaut worden, in der Pflege und beim ärztlichen Dienst sind sie sogar aufgestockt worden. Allerdings haben einige ältere Arbeitnehmer Gebrauch von einer Abfindung aus dem Sozialfond gemacht, und sind vor dem Ende dieses Jahres auslaufenden Kündigungsschutz von allein ausgeschieden.

Hilgers: Das ich endlich mehr Zeit für meine Frau Elke und meine Töchter habe, mehr Zeit für meine Modelleisenbahn, die ich seit zwei Jahren nicht mehr angerührt habe und auf all das Schöne was noch kommt.

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