Stadtgeschichte Ein Exkurs durch die Stadtarchäologie

Auf dem traditionellen Grabungsabend in der Museumsscheune gab es neben einigen Rückblicken auch spannende Vorträge.

Stadtgeschichte: Ein Exkurs durch die Stadtarchäologie
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Die Skizze auf der Leinwand in der Museumsscheune machte schon vor dem Beginn des traditionellen Grabungsabends klar, was die Archäologen in Krefeld 2016 besonders beschäftigt hat. Zum einen waren es die Vorbereitungen zur Bewerbung als Weltkulturerbe Niederrheinischer Limes, an dem sich auch das römische Lager Gelduba befand. Zum anderen ist es die Entdeckung eines antiken Helms nicht in niederrheinischem oder griechischem Boden, sondern zwischen Schachteln und Spinnweben in den Tiefen des Museumsmagazins.

Mit seinem Programm und der Gelegenheit zum Austausch unter Geschichtsinteressierten hatte der Grabungsabend wieder viele Besucher angezogen. Mit ihm beginnt auch in diesem Jahr wieder die Vortragsreihe, die der Verein Freunde der Museen Burg Linn veranstaltet. Natürlich gebührt die Ehre des Eröffnungsvortrags der Leitung des Museums. Jennifer Morscheiser gestand gleich schmunzelnd: „Das ist nicht ganz einfach, wenn man erst im August angefangen hat!“

Aber in ihrem Vorgänger Christoph Reichmann und anderen Personen hat sie Unterstützung gefunden. So ging sie in ihrem Vortrag „Museum und Archäologie — ein Jahresrückblick“ nicht chronologisch vor, sondern fasste die wichtigsten Ereignisse inhaltlich zusammen. Mit verschiedenen Aktionen nahm das Museum am Internationalen Museumstag teil. Die Aktion Museobil-Box brachte Kinder aus bildungsfernen Familien das Museum näher und soll in diesem Jahr gemeinsam vom Deutschen Textilmuseum und dem Botanischen Garten durchgeführt werden. Mit einem Familienfest im Juni, einer „lebendigen Burg“ mit vielen historischen Kostümen im August und Gespensterführungen während des Weihnachtsmarkts wurde viel Interesse und Spaß an der Geschichte geweckt. Im November wurde die Bewerbung als Weltkulturerbe der Unesco öffentlich sichtbar im Museumscafé mit einem „Limes-Info-Point“.

Erfreut zeigte sich die Museumsleiterin über die Spende von 4300 Euro einer Stiftung der Firma Lanxess, die in verschiedene Maßnahmen der Museumspädagogik fließen soll. Die Reihe von Sonderausstellungen — vier waren es im Jahr 2016 — wird mit einer Ausstellung zum Lutherjahr mit dem Schwerpunkt Schrifttum im März fortgesetzt. Von Ausgrabungen im Burginnenhof, in Uerdingen und in Fischeln berichtete sie kurz.

Eine „Ausgrabung“ im Staub des Museumsdepots hat der Stadtarchäologe Hans-Peter Schletter zu seinem Thema gemacht. Passend zum Vortrag „Ein korinthischer Helm in Krefeld — Geschichten und Geschichte“ hatte man das Original als Anschauungsobjekt in einer Vitrine neben der Bühne ausgestellt. Schletter zeichnete den Weg des griechischen Helms nach Linn auf. 1956 hatte Museumsleiter Albert Steeger ihn für 600 DM im Kölner Kunsthandel gekauft. Wie er dorthin gelangte, konnte er nicht mehr herausfinden, wohl aber den Fundort. Es war kein geringerer als das antike Olympiastadion, in dem die Griechen solche Helme und auch Waffen nach ihren Siegen als Opfer den Göttern, allen voran dem für Olympia zuständigen „Hausherrn“ Zeus, weihten. Um 670 vor Christus wurde der Bronzehelm gefertigt. Bei solch einer „Hochpräzisionsarbeit“ steige sein Respekt vor der handwerklichen Leistung, gestand der Archäologe.

Von Olympischen Gefilden in die Niederungen des Rheinlands, genauer an die Krefelder Lohstraße 106, führte der Vortrag von Christoph Dautermann. Er schilderte seine Recherchen zu einem der letzten Fachwerkhäuser in Krefeld. Es ist ein unscheinbares Gebäude, das er lange nicht einmal als Fachwerkhaus wahrgenommen habe. Es steht auf dem Gelände der Stadterweiterung von 1692 und die dendrochronologische Forschung (das Auswerten von Jahresringen der verbauten Hölzer) ergab für das obere Stockwerk ein Baudatum, das auf ein Jahr um 1735 verweist.

Dass sich Archäologen auch mit Forschungsgegenständen aus unserer Zeit beschäftigen und dabei kriminalistisch aktiv sein können, bewies die Leiterin des Deutschen Textilmuseums in ihrem Vortrag. Von einem norwegischen Journalisten war Annette Schieck gebeten worden, anhand von Fotos von Bekleidungsstücken eines Mannes, der 1987 von der Eisenbahn bei Moss überrollt und zweigeteilt worden war, etwas zu seiner Herkunft zu ermitteln.

Persönliche Dokumente hatte der Mann nicht bei sich. Doch dass die Spur des immer noch Unbekannten nach Westdeutschland führen müsste, ergab das einzige Wäscheetikett des Toten. Er trug Unterwäsche von der Hausmarke des Hertie-Kaufhauses. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese in Krefeld gekauft wurde, ist äußerst gering. Annette Schieck erhielt diesen Forschungsauftrag als Textilarchäologin.

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