Die WM-Stadien in Südafrika nutzen Supertechnik made in Krefeld

High-Tech pur: Die Firma Indutex erregt mit einer Membran weltweit Aufsehen.

Es ist weit mehr als ein Sommermärchen: Die Krefelder Textilindustrie macht wie zu ihren besten Zeiten Furore - aber kaum einer merkt es. Zwei der schönsten Stadien dieser WM in Afrika verdanken ihre High-Tech-Fassade dem Können des Krefelder Traditionsunternehmens Verseidag Indutex, das mit seinen textilen Innovationen die Welt erobert: die Stadien in Kapstadt und Johannesburg.

Dabei ist es kein Zufall, dass daran ausgerechnet ein heimisches Unternehmen beteiligt ist und sich zum Aushängeschild entwickelt hat. Denn die seit November letzten Jahres unter dem Dach der Jagenberg-Gruppe (vormals Kleinewefers) agierende Firma hat es verstanden, sich schon früh auf Lösungen mit technischen Textilien zu konzentrieren, anstatt auf Bekleidungstextilien zu setzen, die heute zumeist in asiatischen Ländern produziert werden.

Vielmehr stattet Verseidag Fußballstadien weltweit mit Dächern und Fassaden aus beschichteten Kunststoff- oder Glasfasermembranen aus. "Hätten wir uns nicht auf kundenorientierte Innovationen und High-Tech-Produkte mit einer Top-Qualität und einem internationalen Service konzentriert, wären wir längst nicht mehr in Deutschland", gesteht Markus Simon. Um neben dem attraktiven Aussehen der Konstruktionen auch ein Optimum an Effizienz und Zweckmäßigkeit wie Ersparnis an Stahl und Beton herauszuholen, hat der Verseidag-Geschäftsführer eine Architektin fest eingestellt, die bei den Projekten von Anfang an dabei ist. "Damit sind wir nicht mehr der reine Lieferant der Membran-Rollen, sondern kompetenter Ansprechpartner schon während der Entwicklungsphase."

Katja Bernert ist ein Glücksfall für das Unternehmen. Die Architektin hat schon für ihren früheren Arbeitgeber, das auch am Bau der WM-Stadien in Afrika beteiligte Hamburger Ingenieurbüro GMP, die vielfach kopierten deutschen Vorzeige-Stadien in Berlin, Hamburg und Stuttgart mit konzipiert. Sie war so bereits am deutschen WM-Sommermärchen 2006 beteiligt und wird es mit dem attraktiven Stadion in Hoffenheim (die WZ berichtete) auch bei der Frauen-WM im nächsten Jahr sein.

"Die von uns entwickelte Membran schützt zum Beispiel in Kapstadt die Zuschauer vor Wind und Wetter", erläutert Bernert die Multifunktion des Gewebes. Und nach innen schluckt das Material einen Teil des Schalls, was bei Musikveranstaltungen oder dem Gebrauch der Vuvuzelas nervenschonend sein kann. Die Verseidag-Architektin berücksichtigt bei der Planung selbst spezielle optische Wünsche. "Die silberfarbene Membran reflektiert das Sonnenlicht und lässt das Stadion in Kapstadt je nach Tageszeit in den unterschiedlichsten Farben erstrahlen - etwa goldgelb am Abend", schwärmt sie.

In Johannesburg war ein anderes Konzept mit einer Fassade (siehe untenstehenden Artikel) samt Dach in den rot-braunen Farben der heimischen Landschaft gewünscht. Deshalb haben die Krefelder Entwickler bei der Beschichtung des Gewebes so lange getüftelt, bis die Membran eine rötlich-sandige Grundfarbe hatte, die durch die Sonne nicht ganz bleicht. Zum Testen und Beschleunigen solcher Prozesse gibt es eine "Bewitterungsmaschine".

"Derart behandelte Oberflächen werden ultraglatt und damit gewissermaßen selbstreinigend. Sie schützen vor höchsten Temperaturen und Chemikalien sowie vor mechanischer Beanspruchung und sogar vor Farbangriffen von Sprayern", erklärt die Architektin, weshalb sie bedauert, dass das Unternehmen bei der Gestaltung der neuen Haltestelle am Ostwall nicht zum Zuge gekommen ist. Beim nächsten Regen werde die Farbe oder sonstiger Schmutz einfach weggespült.

Und auch die nächste WM kommt schneller, als man denkt. Katja Bernert ist schon jetzt in Gesprächen mit der brasilianischen Projektgruppe für die Planung der WM-Stadien im Jahr 2014. Voraussichtlich wird sich dann auch die Sonne am Zuckerhut in Krefelder Membranen widerspiegeln.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort