Die Situation ist explosiv

Krefeld. Halide Özkurt trägt bei der Ditib-Gemeinde große Verantwortung. Als SPD-Ratsfrau übt sie dort den ständigen Spagat zwischen Bedürfnissen und Lebensgefühl zweier Kulturen, die auch nach über 50 Jahren nicht richtig zueinanderfinden wollen.

Im Gegenteil: Wir erleben gerade, dass junge türkischstämmige Menschen, deren Familien in der dritten oder vierten Generation in Deutschland leben, Abneigung gegen ihre Wahlheimat zeigen. Özkurt muss auch in einem WZ-Interview mitteln. Die Situation rund um die Moscheevereine, steht zwischen den Zeilen, ist explosiv. Das hat viel mit Angst zu tun.

In Krefeld leben 14 000 Muslime, also rund 5,6 Prozent der Bevölkerung. Das Gros kam ab den 60ern als Gastarbeiter — und sie blieben, bildeten einen Dachverband, die „Union der türkischen und islamischen Vereine in Krefeld und Umgebung“, einen eingetragenen Verein. Heißt, diese Angst herrscht derzeit überall in Krefeld. Um Verwandte in einer Türkei, die sich in einem unberechenbaren Umbruch befindet. Davor, etwas Unbedachtes zu sagen oder die falsche Meinung zu vertreten. Nicht nur gegenüber der deutschstämmigen Bevölkerung, sondern eben auch innerhalb der muslimischen Community Krefelds.

Dort gibt es verschiedene Strömungen und damit absolut unterschiedliche Haltungen gegenüber der türkischen Innenpolitik. Die WZ hat in dieser Woche einen halben Tag lang versucht, eine Straßenumfrage unter Krefeldern mit türkischen Wurzeln zu starten. Niemand wollte mit uns reden. In dieser Gemengelage versuchen Menschen wie Halide Özkurt, Wege aufzuzeigen, zu beruhigen. Das tut sie nach Kräften.

Was sie unterlassen sollte, sind rechtsstaatliche Vergleiche zwischen der Türkei und Deutschland. Hier bei uns werden Medien nicht massenweise mundtot gemacht, werden Richter nicht zu Tausenden abgesetzt. Wer sich soviel Ehrlichkeit nicht leisten kann oder will, sollte darüber besser schweigen.

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