Die Chefin der Diakonie hört auf

Ellen Weinebrod hat 26 Jahre als Geschäftsführerin die Weichen gestellt. Heute ist Schluss.

Die Chefin der Diakonie hört auf
Foto: Andreas Bischof

Mitte. Als Anwalt der sozial Schwachen und Hilfebedürftigen in der Gesellschaft versteht sich die Diakonie Krefeld & Viersen. Ihre Mitarbeiter helfen den Krefeldern bei Trennung, Verschuldung, Ehe- und Familienproblemen, Obdachlosigkeit und unterstützen Zuwanderer und ihre Familien. Aber wie kann eine solche Arbeit leistungsbezogen bewertet, und vor allem, wie kann sie leistungsbezogen abgerechnet werden? Als Ellen Weinebrod 1996 bei der Krefelder Diakonie die kaufmännische Geschäftsführung übernahm, kam ihr die Ausbildung als Steuerberaterin und die Weiterbildung in Controlling und Betriebswirtschaft für Non-Profit-Organisationen zugute. Heute wird sie offiziell verabschiedet. Im Gespräch mit der WZ blickt sie zurück.

Begriffe wie Qualitätsmanagement, leistungsbezogene Bezahlung sowie Projektarbeit prägten die oftmals aufgeheizten Diskussionen im Sozial- und Jugendhilfeausschuss in den 1990er-Jahren. Einer der maßgeblichen Wortführer war der stellvertretende CDU-Vorsitzende Hans-Josef Ruhland.

In Zeiten knapper Kassen befürchteten die Krefelder Vereine und Verbände massive Kürzungen und einen Kahlschlag in der Soziallandschaft. „Für mich waren seine Vorschläge verständlich, aber in Gesprächen mit unseren Sozialarbeitern und Psychologen stieß ich lange auf Ablehnung, für die war das Wort Kunde statt Klient ein Unding“, sagt Weinebrod vor ein paar Tagen bei einer Tasse Capuccino. „Für die heutigen Universitätsabgänger ist das alles selbstverständlich.“ Regelmäßige Gespräche mit den Mitarbeitern waren deshalb bis Ende der 90er Jahre nötig. „Die ersten fünf Jahre war es bei der Diakonie schwierig, die von Stadt und Land geforderten Vorgaben kaufmännisch umzusetzen. Statt einer pauschalen Bezahlung gibt’s seither die leistungsbezogene Bezahlung.

Fast alle Verträge der Diakonie mussten daraufhin neu verhandelt werden. Für die damalige Beratungsstelle an der Seyffardtstraße wurde die erste offizielle Leistungsbeschreibung erstellt. „Mitte der 2000er-Jahre hatten wir finanzielle Durststrecken; wir mussten erneut genau hinschauen, was wir bei unseren Angeboten noch dürfen und uns leisten können.“ Um das Angebot so weit wie möglich zu erhalten, verzichteten die Mitarbeiter auf einen Teil ihrer finanziellen Leistungen.

Die Herausforderungen für sie und ihren Stellvertreter Ludger Firneburg sind dennoch nicht geringer geworden. Nach der Kündigung für das Max-Peltner-Haus als vorübergehender Wohnort für Haftentlassene hatte der Verband anderthalb Jahre nach einer neuen Bleibe gesucht, bis ihnen das Dreikönigenhaus vom Neukirchener Erziehungsverein angeboten wurde. Ende des vergangenen Jahres ist die Diakonie Krefeld & Viersen mit einem Großteil ihrer Angebote und der Verwaltung dort eingezogen.

Für ihren Nachfolger Ludger Firneburg geht es nun alleine weiter. „Es muss bei den Verträgen mit der Stadt noch mal genau hingeschaut werden; es geht nicht an, dass wir noch Geld mitbringen“, sagt die gerade 60 Jahre alt gewordene, langjährige Geschäftsführerin. Ob bei der Notschlafstelle an der Lutherstraße, den Personalkosten bei der Beratungsstelle und der Radstation könne die Diakonie nicht mehr in dem Umfang „zubuttern“. Ellen Weinebrod hat sich entschieden, noch einmal etwas Neues anzufangen. Vor drei Jahren hat sie eine Ausbildung als Mediatorin angeschlossen. Freiberuflich hilft sie bereits jetzt Menschen in der Betreuung bei der Antragsstellung. Nun hat sie auch mehr Zeit für ihren Mann und ihren Hund, mit denen sie viel häufiger in ihr Häuschen an der Ostsee fahren und den Moment genießen will. Das ist bislang immer zu kurz gekommen.

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