Historische Plätze Karlsplatz war von Anfang an ein Streitthema

Krefeld · Einst als zentraler Marktplatz angelegt, verärgerte die Bürger der dort angeordnete Bau des Kaiser-Wilhelm-Museums. Claudia Schmidt und Georg Opdenberg über die Bedeutung dieses zentralen Platzes.

 Georg Opdenberg auf dem einstigen Karlsplatz vor dem vor 150 Jahren nicht unumstrittenen Kaiser-Wilhelm-Museum. 

Georg Opdenberg auf dem einstigen Karlsplatz vor dem vor 150 Jahren nicht unumstrittenen Kaiser-Wilhelm-Museum. 

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Der in Joseph-Beuys-Platz umbenannte größte Teil des Karlsplatzes fristet momentan ein Schattendasein. Seit der Wiedereröffnung des Kaiser-Wilhelm-Museums gibt es Pläne für die Umgestaltung des Museumsvorplatzes. Doch vor allem die damit verbundene Schließung einer Fahrspur stieß lange Zeit bei der Politik auf Ablehnung. Notwendige Kanalbauarbeiten in der Marktstraße haben die Umsetzung des Weiteren verzögert. Mitte bis Ende des zweiten Quartals werden die Bauarbeiten für die Umgestaltung vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum laut Stadtverwaltung nun beginnen. Dass die Platzgestaltung vor über 130 Jahren in Krefeld auch schon zu hitzigen Diskussionen geführt hat, weiß Georg Opdenberg zu berichten. Gemeinsam mit der Krefelder Architektin Claudia Schmidt führt der Rundgang des Stadtforschers im Rahmen der WZ-Serie Historische Plätze und Straßen in Krefeld in dieser Folge auf den Karlsplatz.

Franz-Anton Umpfenbach legt
ab 1843 Quartiersplätze an

Opdenberg zeigt vor Ort die Kopie eines alten Stiches, der das Rheinisch-Westfälische Turnfest von 1862 auf dem Karlsplatz zeigt. Das Kaiser-Wilhelm-Museum ist noch nicht gebaut, der Platz fünfmal so groß wie der Neumarkt, der Westwall vor mehr als 150 Jahren laut alter Stadtpläne komplett überbaut. Im rechten Winkel angelegt, hat er auf dem Stich Ähnlichkeit mit dem berühmten Platz im spanischen Pamplona.

Der Stadtbaumeister Franz- Anton Umpfenbach, Nachfolger von Adolph von Vagedes (dem Begründer der Vier Wälle), baut ab 1843 die Stadt bis an ihre heutigen Ringstraßen aus – und legt in jedem neuen Quartier einen Platz an: Louisenplatz, Albrechtplatz, der größte von allen ist der Karlsplatz.

Von Anfang an ist er als Marktplatz konzipiert. Da er die kleineren Marktplätze ersetzen sollte, wurde er „mit Bedacht möglichst nahe an den meist bewohnten Stadtteil gelegt und sollte auch für alle Bewohner der Stadt nah gelegen sein“. So beschreibt es Maria Stratmann in einer Veröffentlichung des Kaiser-Wilhelm-Museums unter dem Titel „Rekonstruktion der Stadt – Krefelder Straßen und Plätze I – Museum und Karlsplatz“ aus dem Jahr 1990. Schon damals gibt es im Stadtrat über die Nutzung und das Aussehen des Platzes Meinungsverschiedenheiten – ebenso wie heute – über die mit Mehrheit beschlossene Sperrung der Straßenseite vor dem Eingang.

„Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Karlsplatz als Marktplatz genutzt. 1851 beschloss der Rat, den zukünftigen Karlsplatz mit einer Reihe Linden zu umgeben. Bei der Bevölkerung war er rasch sehr gut angenommen: als Platz für Wochenmärkte, Zirkusveranstaltungen, Jahrmärkte, Fronleichnamsprozessionen und ähnliche Veranstaltungen. „Er galt gleichzeitig auch als das Finanzviertel Krefelds“, erinnert Opdenberg. Die teilweise noch heute gut zu erkennenden alten Häuser zeugen davon. In dem grauen Haus mit Ziergiebel in typischer klassizistischer Architektur nahe der Einhorn-Apotheke am südlichen Ende ist laut Opdenberg das königliche Untersteueramt untergebracht gewesen, in zwei Häusern am westlichen Ende waren die Hypothekenversicherung und das Königliche Steueramt beheimatet. „Der Platz war riesig, als er noch nicht vom Bürgertum besetzt wurde“, sagt Opdenberg.

Stadtverordnete beschließen Bau über Köpfe der Bürger hinweg

Ende der 1880er-Jahre beginnt der zweite Teil der Geschichte des Karlsplatzes. Seit dem Tod Kaiser Wilhelms I. nimmt die Idee Gestalt an, ihm zu Ehren ein „größeres Monument“ zu errichten. Anfangs noch von den Bürgern mitgetragen, wächst sich die Idee aus zu dem Bau eines Museums mit einem an hervorragender Stelle zu errichtenden Standbild. Das Standbild steht heute, bald 140 Jahre später, im Freien an der nördlichen Seite des Karlsplatzes, mit dem Museum im Rücken. Der weiße Marmor ist nicht fürs Freie geeignet, weshalb alle paar Jahre der Stein aufwendig gereinigt werden muss.

1889 beginnt die Diskussion um den Standort. Der Karlsplatz als Ort wird diskutiert, von der Stadtverordnetenversammlung verworfen, wieder wegen des Grundstücks in städtischen Besitz ins Spiel gebracht und letztendlich im Oktober 1890 gegen den Willen der meisten Bürger durchgesetzt. „Indem man das Kaiser-Wilhelm-Museum daraufsetzen wollte, nahm man den Bürgern den öffentlichen Raum“, erklärt Claudia Schmidt den Grund für den Bürgergroll. Die hatten schließlich mit freiwilligen Geldbeträgen die Anlage ursprünglich ermöglicht.

Im März 1894 begannen die Bauarbeiten nach einer vereinfachten Skizze Hugo Kochs, aufgrund der Aufstellung des Kaiserstandbilds im Treppenhaus. „Das Gebäude wurde mit seiner Front 2,50 Meter in den Westwall vorgezogen, was man heute sehr gut sieht, wenn man der Flucht der Häuserfront in Richtung Südwall mit den Augen folgt“, erklärt Opdenberg. Der Museumsaltbau lag zentral in der Mitte des Platzes.

„Mit der großen Freitreppe als Eingang wurde der Platz betont“, sagt Claudia Schmidt. Im September 1966 wird die Freitreppe im Rahmen eines großen Umbaus wegen des Verzichts auf einen Verbindungstrakt aus Kostengründen und wegen Priorisierung des zunehmenden Autoverkehrs abgerissen. Im Hinblick auf die städteplanerische Entwicklung Krefelds schlägt Schmidt vor, die Geschichte des Karlsplatzes und des KWM zunächst historisch untersuchen zu lassen, um besser einschätzen zu können, was für diesen Ort stimmig ist und was man städtebaulich und letztlich auch für Krefelds Identität möchte. „Krefeld entdeckt gerade, dass die vier Wälle schützenswert sind, doch mit der siebten Stadterweiterung ab 1840 hat die folgende Planung den Ursprung verändert.“ Das sei zu bedenken.

„Wissenswert in der jetzigen Diskussion um die Verkehrsführung ist auch, dass ursprünglich die Freitreppe nicht auf der Fahrbahn ohne Bürgersteig endete, sondern in der Auffahrt wie bei allen monumentalen Gebäuden“, so Opdenberg. Im Rahmen des Umbaus 1963 ist darauf hingewiesen worden, dass zum Zeitpunkt des Museumsbaus nicht daran gedacht worden sei, „unmittelbar vor der Treppe eine für den Dauerverkehr bestimmte Fahrbahn vorbeizuführen, sondern die befand sich dem damaligen Verkehr genügend auf der jetzigen Ostseite des Westwalls. So wie es die neuen Pläne zur Umgestaltung des heutigen Joseph-Beuys-Platzes wieder vorsehen.

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