Gesundheit Dating-Apps: So wichtig ist Safer Sex in Zeiten von Tinder

Apps wie Tinder haben das Sexualverhalten junger Leute schnelllebiger gemacht. Harriet Fischer, Aids-Koordinatorin der Stadt Krefeld, redet mit Jugendlichen über sicheren Geschlechtsverkehr und die Auswirkungen von Dating-Apps.

Gesundheit: Dating-Apps: So wichtig ist Safer Sex in Zeiten von Tinder
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Wenn Harriet Fischer in die Schule kommt, geht es um Sex. Ein Thema, das alle interessiert, über das alle sprechen. Es ist aber auch ein Thema, über das sich viele oftmals keine weiteren Gedanken machen. Das will Fischer, Aids-Koordinatorin der Stadt Krefeld, ändern. Denn Sex sei schließlich allgegenwärtig: im Fernsehen, im Internet und natürlich auch im realen Leben.

Besonders bei jungen Menschen sind Dating-Apps sehr beliebt.

Besonders bei jungen Menschen sind Dating-Apps sehr beliebt.

Foto: Johannes Schmitt-Tegge

Aber wachsen die Jugendlichen auch, trotz all des Geredes um Sex, mit einem Bewusstsein auf, dass Sex auch etwas mit „Respekt und Verantwortung“ zu tun hat? Diese Frage stellt sich Fischer. „Leider ist das nicht wirklich der Fall“, sagt sie. „Das Bewusstsein über sexuell übertragbare Krankheiten und vor allem auch HIV ist nicht mehr so hoch.“ Wurde das Thema vor zehn Jahren noch regelrecht gehypt, hat es für viele Jugendliche und junge Erwachsene heute an Bedeutung verloren, wie Fischer aus ihrer täglichen Arbeit weiß: „Es gibt ja Medikamente und deshalb ist es nicht mehr so schlimm, an HIV zu erkranken“, fasst sie die Meinung vieler Jugendlicher zusammen.

Das stimme zwar insofern, dass die Medikamente wirklich sehr weiterentwickelt wurden, aber letzten Endes gehe es ja auch nicht nur um HIV, sondern auch um andere sexuell übertragbare Krankheiten, wie die Mitarbeiterin der Stadt Krefeld sagt. Dabei geht es Fischer gar nicht darum, Sex zu verteufeln oder in Frage zu stellen: „Sexualität ist etwas Wunderbares, aber wer will nach dem Sex ein Jucken in der Hose haben?“

Fischer hat in den letzten Jahren festgestellt, dass sich das Sexualverhalten junger Leute verändert hat: „Es ist schnelllebiger geworden. Viele suchen neue Partner über Apps wie Tinder und im Endeffekt klappt es dann doch oftmals nicht. Man muss sich halt auch Zeit nehmen für die Liebe.“ Genau das sei auch der Punkt, der sie nachdenklich stimme. „Ich vermisse den Respekt vor der Liebe“, sagt sie. Denn schließlich gehe mit Sex auch eine Verantwortung einher: „Safer Sex sollte etwas Natürliches sein.“

80 000 Menschen sind in Deutschland von einer HIV-Infektion betroffen, weltweit sind es 31 Millionen. Die Zahlen sind jedoch immer nur Schätzzahlen, da HIV zu den nicht namentlich zu nennenden Infektionskrankheiten gehört. Das bedeutet, wenn jemand zu Fischer kommt und ein kostenloser Test gemacht wird, wird der Name nicht übermittelt.

Geht dieser Betroffene dann beispielsweise noch zu einer anderen Institution um sich dort ebenfalls testen zu lassen, wird auch dies bei einem positiven Bescheid übermittelt. Hinzu kommt, dass niemand weiß, „wie viele Ungetestete durch die Gegend laufen“, so Fischer. In Krefeld werde deshalb von circa 300 Betroffenen ausgegangen, wobei keine genaue Zahl genannt werden kann.

Wenn sich jemand dafür entscheidet bei Harriet Fischer einen kostenlosen Test machen zu lassen, begleitet sie ihn auch weiter, falls der Test positiv ist: „Ich biete den Betroffenen dann auch an, mit ihnen zu einem HIV-Schwerpunktzentrum zu fahren“, erläutert Fischer das Vorgehen. Heutzutage werden die Betroffenen direkt therapiert und nicht erst bei Ausbruch der Krankheit, wie Fischer berichtet: „Es steht eine komplette Untersuchung an und dann werden Medikamente verschrieben.“

Ist die Behandlung erst mal angelaufen, hört Fischer in der Regel nichts mehr von den Betroffenen. Die Menschen, die zu ihr kommen, haben sich meist schon informiert und wissen, dass heute bereits sechs Wochen nach dem letzten Risikokontakt der Virus im Körper nachgewiesen werden kann.

Es wundert Fischer dennoch immer wieder, wie leichtfertig viele mit der eigenen Gesundheit umgehen, denn auch wenn es Medikamente gegen Aids gibt, „sind diese ja fast wie eine Chemotherapie“. Letzten Endes wüsten viele nicht, was diese mit dem Körper anstellen. Deshalb hat die Krefelderin auch ein klares Statement „Jeder Fall ist ein Fall zu viel.“

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