Jugendarbeit in der Stadtmitte „Kinder wollen gesehen werden“

Krefeld · Bis zu 150 Gäste kamen vor dem Lockdown in das Jugendhaus an der Felbelstraße. Jetzt müssen sie sich in Zurückhaltung üben und gedulden. „Das ist eine unglaubliche Leistung, die Hochachtung verdient“, sagt Leiterin Christel Bähner-Hox.

 Christel Bähner-Hox (r.) leitet den Treffpunkt Café Oje an der Felbelstraße. Ulrike Kunz (l.) ist Geschäftsführerin des Trägerwerks für kirchliche Jugendarbeit in Krefeld.

Christel Bähner-Hox (r.) leitet den Treffpunkt Café Oje an der Felbelstraße. Ulrike Kunz (l.) ist Geschäftsführerin des Trägerwerks für kirchliche Jugendarbeit in Krefeld.

Foto: Andreas Bischof

Im Viertel rund um den Kaiser-Friedrich-Hain kann man neben den alltäglichen Joggern auch den einen oder anderen Jugendlichen traben sehen, der sich normalerweise nicht im Laufschritt durch die Innenstadt bewegt. Jetzt aber sind die jungen Menschen auf den Geschmack gekommen. Jedenfalls, wenn sie Gäste des Jugendhauses Café Oje sind, das in der Corona-Pandemie neue Wege gefunden hat, um die Jungen und Mädchen im Zeichen der Sport- und Erlebnispädagogik anzutreiben. Zehn Fitnessuhren wurden angeschafft, liegen zur Ausleihe bereit.

„Kinder sammeln Schritte“, nennt es Christel Bähner-Hox, die Leiterin des Treffpunktes an der Felbelstraße. Gute Leistungen versprechen dabei kleine Preise wie Seile oder Fitnessmatten. Das Angebot stehe hoch im Kurs: „Die Wartelisten sind schon voll“ erzählt Bähner-Hox: „Die Begeisterung ist groß. Wir freuen uns, wenn die Kinder und Jugendlichen durch den Stadtteil joggen.“ Da in den Räumen des Cafés wegen der Verordnungen nicht viel an Betreuung und Beschäftigung geht, sei nun immerhin der Individualsport noch möglich. „Uns sind durch die Verordnungen die Hände gebunden“, sagt Ulrike Kunz, Geschäftsführerin des Trägerwerks für kirchliche Jugendarbeit in Krefeld, das seit 2004 Einrichtungen wie das Café Oje betreibt.

Hilfen für die Schule oder
für das Leben werden angeboten

Bis zu 150 Stammgäste kamen vor der Pandemie regelmäßig ins Jugendhaus, um Gleichgesinnte und Freunde aus dem Viertel zu treffen, aber auch um Hilfe zu erfahren, sei es für die Schule oder für das Leben. Die Willkommenskultur wurde betont. Christel Bähner-Hox und ihre Mitarbeiter standen für Rat und Tat zur Seite. Es wurde erzählt, geplaudert und gespielt. Bei Stadt-Land-Fluss, Montagsmaler oder Detektivspielen konnten täglich zwei bis drei Stunden an Freizeit gut gefüllt werden. Einige kochten, andere tanzten. Das Angebot sei immer gut angenommen worden.

Heute kommunizieren Mitarbeiter wie Bähner-Hox, Jim Weidner, Tim von der Heiden und die Gäste auf digitalen Plattformen. Man verabredet sich zu Gesprächen. Gespielt wird immer noch, nur jetzt eben räumlich voneinander getrennt. Der Gang in die Kletterhalle oder Sportarten wie Basketball seien derzeit nicht möglich, über einschlägige digitale Kommunikationswege aber hält man Kontakt zur Gruppe. „Aktivitätstüten“ werden gepackt, „Powerbags“, oder auch „Durchhaltetüten.“ Duschgel oder Kochrezepte gibt es für zu Hause. Kinder kochen für die Eltern, senden ihre Bilder an die Gruppe und Mitarbeiter.

Junge Menschen müssten sich in Zurückhaltung üben und gedulden

Keine einfache Zeit sei das für die Kinder und Jugendlichen, deren Aktions- und Erlebnisdrang durch die Kontaktbeschränkungen und Verbote gegen Null gedrückt wird. Die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit in der Gruppe, die Vernetzungen im Freundeskreis, das Aushalten von Konflikten, der Ausbau der Kommunikationsfähigkeiten, würden momentan dadurch kaum vorangetrieben, so Christel Bähner-Hox. Die jungen Menschen müssten sich in Zurückhaltung üben und gedulden. „Das ist eine unglaubliche Leistung der Kinder und Jugendlichen, mit den Reglements zurechtzukommen“, sagt die Diplom-Sozialpädagogin: „Sie haben Hochachtung verdient.“ Wichtig sei es in der künftigen Arbeit, dass „diese nicht mit Angst in die Zukunft gehen“, sondern einen unbeschwerten Umgang mit der Umwelt pflegten. „Kinder wollen gesehen werden. Sie wollen das Gefühl haben, dass sie zählen“, sagt Ulrike Kunz. Allerdings gibt es auch Beobachtungen in der Krise, die den Frauen und Männern in der Einrichtung zu denken geben: „Manche Jugendliche sind für uns in der Corona-Zeit nicht mehr sichtbar. Das ist beunruhigend“, sagt Bähner-Hox.

Die aktuellen Verordnungen sollen bis Ende März dauern. Dann dürfte sich entscheiden, wie die Arbeit im Jugendhaus Café Oje weitergeht, was wieder für die Kinder und Jugendlichen vor Ort möglich sein wird. Kunz kritisiert die Kurzfristigkeit der Änderungen. „Wir haben leider nie lange Vorlaufzeit, wenn die Verordnungen eintreffen. Das ist für uns immer auch eine besondere Herausforderung, zu sehen, wie wir arbeiten können.“ Die Kinder und Jugendlichen sehnen die Freiheit herbei. Geduld und Rücksicht wird aber wohl noch weitere lange Wochen gefragt sein.

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