Stadtrat Das Klima sorgt für Wandel in der Krefelder Politik

Krefeld · Analyse Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause eine große Entscheidung getroffen. Dabei waren die treibende Kräfte andere, als beim Thema Klimaschutz zu erwarten war.

 Ein Blick von oben in den Saal des Seidenweberhauses, in dem der Stadtrat tagt.

Ein Blick von oben in den Saal des Seidenweberhauses, in dem der Stadtrat tagt.

Foto: Andreas Bischof/Bischof, Andreas (abi)

Die Krefelder Politiker haben am Donnerstag nochmal das ganze Spektrum präsentiert: von ihrer Neigung, sich in formalen Fragen zu verheddern, bis zu Beschlüssen, die geeignet scheinen, Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. Der lautete in diesem Fall, dass die Stadt sich als 15. deutsche Kommune der Resolution zur Anerkennung des Klimanotstands anschließt – und sie als erste Kommune Klimanotfall nennt. Der Beschluss ist mit 20 Ideen verbunden, die den Klimaschutz in Krefeld praktisch voranbringen sollen. An diesem Paket und der Diskussion darum kann man wunderbar ablesen, welche Folgen die Europawahl und ihr Ergebnis für die hiesige Politik haben.

SPD Die Sozialdemokraten haben sich in den vergangenen vier Wochen erstaunlich entwickelt. Es handelt sich nämlich um dieselbe Fraktion, deren Vertreter Anfang Juni ernsthaft meinten, darüber diskutieren zu müssen, ob man nun einen Klimanotstand oder einen Klimanotfall ausruft. Kurz danach aber kam das 20-Punkte-Programm, mit dem sich die SPD an die Spitze der Diskussion setzte. Auch wenn darunter auch ein paar alte Ideen und schon beschlossene Punkte sind, haben Benedikt Winzen und seine Mitstreiter dem Thema eine enorme Dynamik verschafft. Und sie haben mit den konkreten und schnell umsetzbaren Ideen auch eine Grundlage geschaffen, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen, denen der Klimaschutz bisher zu kurz kam.

Ganz am Rande hat sich dabei Oberbürgermeister Frank Meyer geschickt verhalten. Als Verwaltungschef leitet er die Sitzung des Rates, er ist aber auch dessen Mitglied. Und als solches hat er erklärt, wie er abstimmt und sich für das Paket ausgesprochen.

CDU Es war für die Christdemokraten schon schwierig genug, ihre Position angesichts des Jubels der Klimaschützer für die SPD überhaupt zu vertreten. Hinzu kam aber noch ein Problem: Der Eindruck von der CDU wurde mitgeprägt von Vertretern, die sich lieber mit formalen als mit inhaltlichen Fragen beschäftigten. In gleich mehreren Redebeiträgen ging es um Abstimmungsreihenfolgen und Doch-Recht-haben-wollen. Der Fraktionsvorsitzende Philibert Reuters vertrat anschließend eine Position, die mit Blick auf die Wähler der CDU als authentisch und repräsentativ gelten darf. Er sei nicht gegen die Punkte aus dem Klimaschutzpaket, er wolle dazu aber fachlichen Rat und wissenschaftliche Begleitung, bevor er dafür oder dagegen stimme, sagte Reuters.

Grüne Rückenwind von der Europawahl war bei der Grünen-Fraktion kaum zu merken. Als die SPD vor einem Monat noch kleine Kompromisse mit CDU und FDP aushandelte, konnten sich die Grünen als Vorkämpfer profilieren. Von den 20 Punkten sind sie überrascht und überholt worden, darauf haben sie nur noch mit einigen kleinen Ergänzungen reagiert. Das heißt natürlich nicht, dass ihnen am Ende nicht trotzdem die Klimaschutz-Fortschritte in Krefeld zugerechnet werden.

FDP Die Liberalen und allen voran ihr Fraktionsvorsitzender Joachim C. Heitmann fühlen sich offensichtlich wohl als Opposition im Stadtrat. Und so machte die FDP früh klar, dass sie das Paket als Ganzes nicht mitbeschließt. Heitmann sieht die Klimakrise als ein globales Problem, das auf lokaler Ebene nur sehr bedingt angegangen werden kann. Immerhin für neun der 20 Punkte hätte die FDP votiert, wenn der Stadtrat einzeln über sie abgestimmt hätte. Das waren unter anderem die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf mehr Fahrräder und Pedelecs, der Ausbau der Umweltbildung und die sukzessive Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED.

Linke Die Linke ist in der tragischen Rolle geblieben, die sie auch am Wahlabend spielen musste. Sie hatte die weitreichendsten Forderungen zum Thema Klimaschutz, aber kaum ein Wähler hat das gemerkt oder honoriert. Und so ähnlich ist auch der vehemente Einsatz dafür, den Klimanotstand auszurufen, nur im Schatten von SPD und Grünen wahrgenommen worden. Und obwohl die beiden genannten Fraktionen im Stadtrat in großzügiger Stimmung waren, fanden die Ergänzungsvorschläge der Linken zum Klima-Paket keine Mehrheit.

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