Corona „Die Situation ist sehr ambivalent“

Krefeld · Logistikunternehmer Lothar Krenge spricht über Homeoffice, Ware aus Fernost und die starke Nachfrage im Lebensmittelgeschäft.

 Lothar Krenge hatte bereits vor der Krise einen Notfallplan bereit.

Lothar Krenge hatte bereits vor der Krise einen Notfallplan bereit.

Foto: Andreas Bischof

Lothar Krenge war vorbereitet. Als sich das Coronavirus ausbreitete, musste sich der Geschäftsfüher der B + K Group im Krefelder Stadtteil Linn nicht erst einen Notfallplan für sein Unternehmen überlegen. Denn den hatte der Geschäftsführer bereits — bevor der Erreger überhaupt zum Problem wurde. Deshalb sitzen nun die Hälfte seiner 430 Mitarbeiter im Homeoffice. „Ohne Vorkehrungen wäre das so schnell nicht umsetzbar gewesen“, sagt der 70-Jährige. Für den Firmenboss gehöre die Vertrauensarbeitszeit fernab des Büros auch schon sehr lange zur Unternehmensphilosophie.

 In der jetzigen Ausnahmesituation bringt ihm das Vorteile. „Die Strukturen waren bereits vorhanden, wir wussten wie es funktioniert — jetzt galt es nur, die Möglichkeiten auf noch mehr Mitarbeiter auszuweiten,“ so der Unternehmer. Kurzerhand orderte er übers Wochenende Laptops und Smartphones, um seine Mitarbeiter arbeitsfähig zu machen. Die IT-Abteilung sorgte für die nötigen technischen Voraussetzungen. „Seit Dienstag arbeiten nun alle komplett von zu Hause, die nicht zwingend vor Ort sein müssen.“ Auch Petra Schimmer. Die Prokuristin leitet das Personal- und Finanzwesen der B+K Group, ist fast 30 Jahre bei der Spedition beschäftigt. Homeoffice gehört für sie dort schon mehr als 20 Jahre zum Arbeitsalltag. Doch die momentane Situation ist auch für sie neu. „Sonst bin ich zu Hause alleine — jetzt sitzen mein Mann und meine Tochter mit ihren PCs mit am Tisch“, sagt Schimmer, „da bin ich natürlich öfter abgelenkt als sonst.“ Sie lacht. Doch das sei kein Problem. „Das Familienleben entwickelt sich dadurch natürlich ganz anders. Wir verbringen mehr Zeit miteinander.“ Das wünsche sie sich künftig öfter. Und Schimmer ist zuversichtlich, dass sich auch gesamtgesellschaftlich bezüglich mobiler Arbeitsplätze nun mehr bewegt: „Die ganze Digitalisierung wird in vielen Bereichen einen großen Schritt nach vorne machen durch die momentane Herausforderung. Das ist das Positive an der Krise.“

Ihr Krefelder Chef muss sich derzeit anderen Herausforderungen stellen. Ein Großteil der Unternehmensgruppe agiert im Logistikbereich für die Automobilindustrie, beliefert beispielsweise von Krefeld aus ganz NRW sowie Belgien, die Niederlande und Luxemburg mit Ersatzteilen des Fahrzeugbauers BMW. „Viel Ware kommt aus Fernost, das wird bald deutlich weniger,“ sagt er. Doch das Krefelder Unternehmen hat auch große Handelsketten wie Aldi als Kunden. „Das Geschäft brummt natürlich. Da haben wir mehr denn je zu tun.“ Die Situation ist laut Krenge „sehr ambivalent.“

Er bemühe sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, die Mitarbeiter so gut es geht zu schützen und den Betrieb am Laufen zu halten. Im Lager wurden die Pausenzeiten stärker gestaffelt, so dass weniger Mitarbeiter gleichzeitig im Aufenthaltsraum sind und einen Sicherheitsabstand einhalten können. Zudem wurden die Schichten entzerrt. Mitarbeiter, die gehen, treffen nicht mehr auf die Schichtarbeiter, die kommen. „Dadurch leidet die Produktivität natürlich etwas, aber unsere Mitarbeiter zu schützen, hat für uns oberste Priorität.“

Das Lager ist also weiter voll besetzt, weil es laut Krenge „momentan noch alternativlos ist“. Im kaufmännischen Bereich hingegen zeigt sich ein anderes Bild. Tanja Obschruss sitzt zurzeit allein im Büro — eigentlich sind sie zu dritt. „Maximal eine Person pro Büro, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten“, sagt der 70-Jährige. Für die Finanzbuchhalterin ist die Einsamkeit kein Problem: „Ich bin ja trotzdem im ständigen Kontakt mit den Kollegen — und diese Maßnahme ist absolut sinnvoll. Ich sehe die Situation mittlerweile auch nicht mehr so gelassen wie letzte Woche.“

Lothar Krenge jedenfalls steht im ständigen Austausch mit seinen Mitarbeitern, reagiert von Tag zu Tag auf die neuen Entwicklungen. „Denn nur zusammen können wir diese schwere Zeit meistern.“ Er ist zuversichtlich. Doch bist die Corona-Krise überstanden ist, bleibt er konsequent — so bekommt sein Gegenüber weiterhin nur ein Lächeln zur Begrüßung — Händeschütteln ist tabu.

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