Geschichte : Claudia Roth wirbt in Krefeld für mehr Erinnerung an NS-Verbrechen
Die Bundespolitikerin der Grünen diskutiert in Krefeld mit Schülern der Albert-Schweitzer-Realschule und Oberbürgermeister Frank Meyer.
76 Jahre Kriegsende in Europa. Ein Anlass, zu dem die Albert-Schweitzer-Realschule, die Dokumentationsstelle über den Nationalsozialismus in Krefeld und das Bündnis Krefeld für Toleranz und Demokratie zu einem virtuellen Austausch geladen hatten. Als besonderer Gast nahm neben Oberbürgermeister Frank Meyer auch die Bundespolitikerin von Bündnis 90/Grüne und frühere Partei-Chefin Claudia Roth teil, die sich extra aus Augsburg zuschalten ließ, um in einer 90-minütigen Sendung zum Thema Erinnerungskultur und Aufarbeitung der Gewaltherrschaft unter den Nationalsozialisten ausführlich zu sprechen. Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle Krefeld sowie Geschichtslehrer Mathias Schierbrand übernahmen die Moderation. Schüler der Klasse 10b hörten zu und stellten Fragen.
Claudia Roth warnte davor, sich „beim Erinnern in der Vergangenheit zu vergraben“. Man finde noch blinde Flecken in der Gegenwart, wie zum Beispiel auf Kreta, wo die Deutschen im Zweiten Weltkrieg ganze Dörfer ausgelöscht hätten. Die Geschichte sei nie vorbei. Minderheiten dürften auch heute in Deutschland keine Angst haben zu leben. Roth verwies auf die Grundsätze der Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Die Vizepräsidentin des Bundestages forderte an mehreren Stellen ihrer Vorträge auch das deutliche und lautstarke Eintreten für die Demokratie: „Für Demokratie muss man sich jeden Tag einsetzen. Es ist ein Reichtum, den wir uns nicht nehmen lassen dürfen.“
OB Meyer erzählte aus der eigenen Familiengeschichte. Von seinem Großvater, einem Weber, der als Soldat an der Front schlimm versehrt wurde, und bezog heutige Schauplätze mit militärischen Konflikten und deren Auswirkungen auf die Schicksale der Menschen in das Thema ein: „Krieg macht uns alle gleich.“
Eine Schülerin der Realschule schilderte Berichte aus den ersten Tagen, Monaten und Jahren nach dem Kriegsende in Krefeld. Eindringlich rekapitulierte sie Zeiten der Armut, der Lebensmittelknappheit und der daraus folgenden Hungersnot, aber auch der fehlenden Wohnmöglichkeiten in einer zerstörten Stadt unter der britischen Militärregierung.