Call-Center-Betrüger lebten in Saus und Braus

Die Polizei durchsuchte zeitgleich fünf Wohnungen, zwei Firmen und ein Call-Center in Krefeld.

Krefeld. Am Telefon wurden traumhafte Gewinne versprochen: Luxusreisen, teure Autos, hochwertige Smartphones. Doch die einzigen Gewinner waren drei Krefelder, die mehr als 9000 Menschen bundesweit abgezockt haben sollen: Die mutmaßlichen Betrüger scheffelten mit einem Call-Center mehr als eine Million Euro und lebten in Saus und Braus.

Damit ist seit Dienstag Schluss: Die Männer im Alter von 25, 30 und 43 Jahren wurden festgenommen. Zeitgleich durchsuchten Beamte in Krefeld fünf Wohnungen, zwei Firmen und das Call-Center in der Innenstadt, dessen genauen Standort die Ermittlungskommission „Call“ geheim hält. Weitere Call-Center Firmen wurden in Speyer und Rottenburg durchsucht.

Mindestens seit dem vergangenen Jahr sollen dort Schüler, Studenten und Hartz-IV-Empfänger Menschen am Telefon skrupellos abgezockt haben. Während im Erdgeschoss auf engstem Raum 30 bis 35 Callcenter-Agenten versuchten, bei Anrufen die Kontodaten zu erhalten, saß oben der Chef im nobel eingerichteten Büro und betrachtete auf dem Computer-Bildschirm die Zahl der Abschlüsse. Wer mehr als zehn am Tag schaffte, erhielt in einer Tabelle mit allen Namen der Mitarbeiter das Lob „Killer“.

Fünf bis sieben Euro sollen die Call-Center-Agenten für einen Abschluss erhalten haben. Sie mussten sich exakt an einen Leitfaden halten, durch den sie dem Angerufenen vorgaukelten, er nehme bereits an einem Gewinnspiel teil und könne dies jetzt kündigen. Stattdessen folgte ein neuer Vertragsabschluss, bei dem die oft eingeschüchterten und regelrecht bedrohten Gesprächspartner auch ihre Bankverbindung nannten.

Bei manchen führte das zu einer nicht mehr überschaubaren Zahl von Abbuchungen. „Es sind Fälle bekannt, in denen bis zu 13.000 Euro bei einem Geschädigten eingezogen wurden. Angehörige haben uns mitgeteilt, dass sie nun verstehen, warum es von Oma und Opa keine Weihnachtsgeschenke mehr gegeben hat“, sagt Chefermittler Jochen Fier. In einigen Fällen fiel erst den Erben auf, dass der Verstorbene zu Lebzeiten Opfer von Betrügern geworden war.

Bei der Staatsanwaltschaft bearbeitet Thomas Pelka ausschließlich Betrugsdelikte mit Call-Centern. Es gebe noch weitere Ermittlungsverfahren, die beispielsweise auch Inkassounternehmen beträfen, sagt er. Die aktuellen Ermittlungen waren durch hunderte Strafanzeigen ins Rollen gekommen — nicht nur wegen Betrugs, auch wegen Beleidigung und Bedrohung.

Polizeisprecher Wolfgang Weidner hat einen einfachen Tipp, wie man sich vor der Telefonabzocke schützt: „Einfach auflegen.“

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