Verkehr Der Bußgeld-Ärger von Krefeld: Verwaltung muss über 38.000 Fälle bearbeiten

Krefeld · Die Novelle der Straßenverkehrsordnung von Ende April erzeugt mehr Arbeit als gedacht.

 Wer geblitzt wurde – und das nach dem 28. April – muss nicht den höheren Bußgeldbetrag bezahlen.

Wer geblitzt wurde – und das nach dem 28. April – muss nicht den höheren Bußgeldbetrag bezahlen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Verunsicherung ist groß. Der Ärger bei Autofahrern nicht viel kleiner. Und der Aufwand in der Verwaltung immerhin beträchtlich. Mit vollmundigen Ankündigungen hatte das Verkehrsministerium die Novelle der Straßenverkehrsordnung am 28. April 2020 begleitet: „Wir machen den Straßenverkehr noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter.“ Wesentlicher Aspekt der neuen Zeitrechnung: Die Bußgelder werden erhöht, ein Fahrverbot bei geringeren Geschwindigkeitsverstößen verhängt.

Dann allerdings stand das Stoppschild im Wege. Die Novelle enthält einen Formfehler – eine Vorschrift, auf die sie sich stützt, wird nicht zitiert. Die Folgen sind nachhaltig mit verschiedenen Möglichkeiten: Ist die ganze Novelle nichtig, sind es nur die neuen Regelsätze bei den Bußgeldern sowie die Sanktionshöhen bei den Fahrverboten. Fakt ist: Über 38 000 Fälle liegen auf den Schreibtischen in der Verwaltung zur Begutachtung. Da ja auch entschieden werden muss, welche erledigt sind und bei welchen Fällen eingegriffen werden muss. Das sind nach jetzigem Stand rund 20 000, wie die Verwaltung auf Anfrage mitteilt.

Rechtskräftige Bußgeldverfahren behalten ihre Gültigkeit

Für die Stadtverwaltung Krefeld ist klar: nur die in der Novelle neu geregelte Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) ist nichtig. Daher wendet sie die alte, vor dem 28. April 2020 gültige Bußgeldkatalogverordnung an. Laut Stadtverwaltung sei in NRW die Erlasslage eindeutig, die Anweisung laute, dass die gesamte Bußgeldkatalogverordnung nichtig ist und die alte Bußgeldkatalogverordnung zur Anwendung kommen soll. Die Stadt kann nicht eigene Wege gehen in der Bemessung der Höhe der Bußgelder. Die Weisungen vom Land seien eindeutig und bindend.

Das heißt im Detail: Rechtskräftige Verwarn- und Bußgeldverfahren behalten ihre Gültigkeit. Es wird kein bezahlter Betrag erstattet. Laufende Verfahren werden mit dem Stand vor dem 28. April bearbeitet oder geändert. Rechtskräftige Verfahren, welche nach alter Rechtslage nicht angeordnet worden wären und welche auch noch nicht vollständig abgeleistet wurden, werden von Amts wegen ermittelt und der Bezirksregierung mitgeteilt. Die Stadt Krefeld sei dabei, die Betroffenen entsprechend anzuschreiben.

Im Rahmen des Gnadenrechts werden Fahrverbote aufgehoben

Und was ist mit denen, die ein Bußgeld oder ein Fahrverbot erhalten haben? Alle Fahrverbote, die auch nach alter Rechtslage ausgesprochen worden wären, seien nicht betroffen. Nur die rechtskräftigen Verfahren werden der Bezirksregierung mitgeteilt. Von dort wird im Rahmen des Gnadenrechts das Fahrverbot aufgehoben.

Bei rechtskräftigen Bescheiden wird keine Möglichkeit gesehen, etwas zu ändern. Bei laufenden Verfahren werde die Stadt Krefeld von sich aus tätig. Ein aktueller Einspruch trotz Überschreitung der Einspruchsfrist gegen einen Bußgeldbescheid mache keinen Sinn, wenn Rechtskraft bestünde. Die Verhaltensregeln in Bezug auf den Schutz von Radfahrern in der Novelle blieben unangetastet. Die Straßenverkehrsordnung regelt den verbesserten Schutz für Radfahrer; sie ist auch in der neuen Form gültig.

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