Bundesverdienstkreuz für „Doc L.“

Der Ex-Notarztchef der Stadt, Uli Lenssen, wird für sein jahrzehntelanges Engagement und seine wichtige Aufbauarbeit geehrt.

Bundesverdienstkreuz für „Doc L.“
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. „Doc L. kommt.“ Wenn diese Information durch den Funk gegeben wird, wissen alle Einsatzkräfte, wer gemeint und dass die Rettung nahe ist. „Doc L.“ steht seit vielen Jahren für Dr. Uli Lenssen, einen Mediziner, einen Pionier der Notfallmedizin.

Der engagierte Arzt und — nach seinen Aussagen auch manchmal unerbittliche Mann, wenn es um den Kampf gegen eingetrocknete Behörden-Strukturen ging — hat jetzt das Bundesverdienstkreuz erhalten. Und die Pioniertätigkeit des aktiven Rentners ist weiterhin ungebremst. Die Freunde sagen: „Wenn einer die Auszeichnung verdient, dann Du.“

Der 67-Jährige hat, als der Anruf zur Terminabsprache aus dem Rathaus kam, erstmal nachgefragt: „Wer soll denn geehrt werden?“ Umso größer ist seine Freude jetzt darüber.

Uli Lenssen ist unkompliziert, stets auf dem Sprung zu helfen, schnell und unbürokratisch. Beim WZ-Termin klingen, pfeifen und piepen drei Handys stetig. Er ist stets angefragt. „Dabei sollte ich eigentlich das elterliche Geschäft mit der Produktion von Tischdecken und Deko-Stoffen übernehmen“, berichtet er und hat deshalb zuerst die Ausbildung zum Diplom-Kaufmann abgeschlossen. „Doch dann habe ich mich neu orientiert. Ich habe als Kind alle Stofftiere verarztet, der Zirkelkasten gab meine Spritzen“, erzählt er.

„Mit 25 Jahren war dann Schluss mit der Kaufmanns-Tätigkeit, ich begann mein Medizinstudium in Düsseldorf. Als Chirurg und Unfall- und Handchirurg habe ich dann an den städtischen Krankenanstalten gearbeitet. Dort hat mich Professor Klaus-Dieter Grosser mit dem Virus der Notfallmedizin infiziert.“ Er sagte 1982: „Ab heute fährst Du Notarzt.“

Mit Bedacht richtete er später seine Praxis als niedergelassener Chirurg „nah dran“, an der Ecke Flora-/Uerdinger Straße ein. „Wenn ich gerufen wurde, bin ich dort weg. Meine Patienten hatten immer Verständnis. Sie fanden das super.“

Er fuhr bis heute ungezählte Blaulicht-Einsätze. Wie viele Menschenleben er in der langen Zeit gerettet hat, kann er selbst nicht sagen. „Aber ich habe 16 Babys im Rettungswagen auf die Welt geholt.“ Dies sei auch das Spannende an der Notfallmedizin: „Man hat die ganze Bandbreite der Medizin von der Anästhesie über die Chirurgie hin zur Psychologie.“

Dabei war es ihm stets wichtig, seine Arbeit für die Patienten und die Angehörigen durchsichtig zu machen. „Ich wollte eine nachvollziehbare Medizin auf möglichst hohem Niveau.“

Nach einem schweren Unfall mit einem Geisterfahrer auf der A 57, als Lenssen mit seinem Fahrer in der Dunkelheit an der Massenkarambolage mit Toten und Verletzten lange alleine war, bis die Feuerwehren eintrafen, war klar: Es muss etwas passieren.

„Ich richtete eine der ersten Ausbildungsstellen für Notfallmediziner in Deutschland ein und schuf und koordinierte eine Leitende Notarztgruppe.“ Lächelnd erinnert er sich: „Wir haben Unfälle mit 40 alten Autos und noch mehr schimpfenden Leuten organisiert, die gleichzeitig behandelt werden wollten.“ Die Ärzte waren engagiert. „War dieser Dienst lange Zeit ehrenamtlich, so gab es ab 2002 eine Bereitschaftspauschale.“

Später gab Lenssen seine Praxis auf, widmete sich nur noch dem Notfalldienst. „Ich wurde Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, auch einer der ersten nach Köln und Wuppertal. „Wir haben es gefordert und geschafft, dass dieser Beruf gesetzlich geregelt und für alle Kommunen verpflichtend wurde.“ Ebenso hat der Kämpfer für das Gute erreicht, dass die Polizei mit Defibrillatoren ausgerüstet und geschult wurde. Dafür stand er beim damaligen Innenminister Ingo Wolf vor dem Schreibtisch.

Heute bildet Dr. Uli Lenssen Notfallsanitäter aus allen Rettungsdiensten aus und nimmt die Prüfungen ab. Er ist im Förderverein Stiftung Herzchirurgie aktiv und fährt auch noch zweimal im Monat je zwölf Stunden Rettungsdienst.

Er bemängelt, dass die Krankenhäuser oftmals Patienten entlassen, die zu krank sind für zu Hause. Besonders dauerbeatmete Menschen. „Hier möchte ich Wohngemeinschaften einrichten, Zwischenstationen, in denen die Leute betreut werden, bis sie in heimischer Umgebung zurechtkommen.“

Und in seinem Urlaubsort Mauritius wird er auf Bitte des dortigen Feuerwehrchefs demnächst auch die Notfallmedizin aufbauen.

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