Bodo Kirchhoff nimmt Krefelder mit auf eine Reise

Die Volkshochschule und der Andere Buchladen hatten eingeladen: Bodo Kirchhoff las aus seiner Novelle „Widerfahrnis“. Für die er im vergangenen Jahr den deutschen Buchpreis erhalten hat. Für das Publikum im ausverkauften Muche-Saal gab es zunächst eine kurze Einführung von Theodor Pelster.

Er ordnete ein: „Der deutsche Buchpreis nimmt eine besondere Rolle unter den Auszeichnungen ein, und so ist dieses Buch eingerahmt von vortrefflichen Werken.“ Zu Inhalt und Aufbau zitierte er: „Ein poetologisches Lehrstück, meisterlich komponiert.“

Davon konnten die Zuhörer sich auch gleich überzeugen, als der Schriftsteller mit dem Lesen des ersten Kapitels einsetzte. „Diese Geschichte, die ihm noch immer das Herz zerreißt, wie man sagt, auch wenn er das nicht sagen würde, nur hier ausnahmsweise, womit hätte er sie begonnen?“, ist einer von diesen wunderbaren ersten Sätzen, in dem schon so vieles aufgeblättert wird. Der Protagonist leidet also unter gebrochenem Herzen, würde das aber selber nicht so formulieren: Er bedenkt die Wörter, die er spricht. Auch ein Zeitsprung steckt darin: Die Novelle wird im Rückblick erzählt. Und auch der Erzähler tritt schon auf: Er kennt das Innenleben seiner Figuren. Dann entwickelt sich eine Begegnung zweier Menschen, die sich spontan auf eine Reise begeben. Leonie Palm, Hutmacherin und Reither, Verleger, haben beide ihre Berufung aufgegeben. Mit beredten Händen las Kirchhoff, Jahrgang 1948, vor. Es war, als würden auch seine Finger die Erzählung illustrieren. Der zweite Teil der Lesung war Kapitel elf, in dem die Reisenden in Italien sind und auf ein Mädchen aufmerksam werden: „Sie dürfen nicht denken, dass Sie wissen, was auf den 150 Seiten dazwischen passiert“, sagte Kirchhoff. Zwischen den beiden Lesungen berichtete Kirchhoff von seiner Arbeit: Das Schreiben von „Widerfahrnis“ sei die „Unterbrechung eines Buches, das mir schwerfällt“, sagte er. Ein anregender Literaturabend. chs

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