Frühwerk des Künstlers ist im Krefeld Pavillon zu sehen : Thomas Schütte – Theater aus der Jugendzeit
KREFELD Das Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 ist verpufft. Vor 100 Jahren in Weimar gegründet wurde die Kunstschule zu einer der wichtigsten der Moderne. Geblieben ist der Krefelder Pavillon von Thomas Schütte, eine Mischung aus temporärem Bauwerk und Nomadenzelt.
Er kann schnell abgebaut und anderswo aufgestellt werden. Er kopiert keinen Schuhkarton, um eine direkte Bauhaus-Referenz zu finden, sondern gibt sich als verspieltes Sommerhaus. Dort lässt der Künstler aus Düsseldorf seine Anfänge Revue passieren. Sie sind lapidar und fast schon banal, aber zugleich beredt, witzig und angriffslustig.
Schütte lernte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Fritz Schwegler das Zusammenspiel von Logik und Irrationalität kennen, bevor er sich in die Klasse von Gerhard Richter begab. Er war 23 Jahre alt, als er die abstrakten „Farbtafeln“ seines Lehrers persiflierte. Er pinselte einfach mit lockerer Hand und vier verschiedenen Grüntönen 150 PVC-Täfelchen an und lehnte sie an dünnen Stiften schräg an die Wand im Flur der Akademie. Das Spiel mit der Malerei machte Furore. Die ersten wichtigen Galerien rissen sich um den Studenten.
Wer diesen längst berühmten grünen Kacheln begegnet, ist erstaunt über den Wechsel von Illusion und Realität. Von weitem wirken die Plättchen wie ein Mauerwerk aus Kacheln, von nahem erstaunt die lapidare Vorgehensweise. Julian Heynen hatte die „Mauer“ 1986 in Haus Lange gezeigt. Anschließend verschwand die Arbeit in Pappkartons. Erst jetzt, wo man im MoMa die große Retrospektive für Schütte in New York vorbereitet, befreite Schütte die fast vergessene Leihgabe aus den Kartons im Museum, damit auch die amerikanische Kuratorin einen Blick darauf werfen kann.
Noch irritierender wirkt „Lager“ von 1978: 50 von ursprünglich 150 farbig lackierten Holzplatten stehen in Dreierpacks auf dem Boden, platzsparend hintereinander an der Wand gelehnt. Die Schnittkanten sind unbehandelt, die Bretter haben Löcher, aber die Oberflächen strahlen im lichtdurchfluteten Raum. Wieder wirkt alles beiläufig und zugleich grandios. Und Schütte betont: „Das ist keine Malerei, das sind Möbel. Man kann sie an die Wand hängen.“ Alte Fotos zeigen, wie sie einst am versifften Waschbecken im Klassenraum standen. Kunst als Bilderlager.
Doch beizeiten inszenierte er sein eigenes Theater, unabhängig von seinen Lehrern. Direkt unter der Lichtkuppel im Pavillon steht in der Raummitte die Fünfergruppe der „United Enemies“ von 1994. Der Titel assoziiert den Strickwarenkonzern „United colours of Benetton“, der mit der Werbung des Fotografen Oliviero Toscani einst provozierte. Das blutverschmierte Hemd des Toten aus dem Bosnien-Krieg war eine Skandalnummer. Schütte steuerte dagegen, indem er die „Feinde“ einfach mit Kordeln und Ripsbändern zusammenband, mit roten und blauen Stofffetzen drapierte, ins ausrangierte Armani-Hemd steckte oder in die abgelegten Kleidungsstücke seiner Ex-Frau hüllte.