Betreuung unter Dreijähriger ist für alle ein Kraftakt

Die Arbeit der Erzieherinnen hat sich grundlegend verändert.

Krefeld. Silvia Verfürth fühlt sich in ihrem Job inzwischen wie eine Drillings-Mutter mit zwölf weiteren Kindern. Obwohl sie als Erzieherin und Leiterin des Waldorfkindergartens Fichtenhain über jahrzehntelange Erfahrung verfügt, hat sich ihre Arbeit und die ihrer Kolleginnen einschneidend verändert. Seit einigen Monaten betreut das Team Kinder auch unter drei Jahren. Die jüngsten sind gerade mal vier Monate alt. „Deren Bedürfnisse sind völlig andere als die der Zwei, Drei- oder gar Fünfjährigen,“ sagt Verfürth. Doch auch die räumliche, personelle und hygienische Situation ist bei der neuen Betreuung von unter Dreijährigen eine besondere Herausforderung.

Ab 2013 besteht ein gesetzlicher Anspruch auf frühkindliche Förderung in Kitas oder Kindertagespflege. Um den zu erfüllen, hat die Stadt sich zum Ziel gesetzt, in einem finanziellen Kraftakt bis zum Jahr 2015 allein rund 70 neue Gruppen für unter Dreijährige zu schaffen. Dazu setzt sie auch auf die freien und konfessionellen Träger in Krefeld.

Der Waldorfkindergarten hat sich als einer der ersten darauf eingestellt, schon im Jahr 2010 entsprechende Ausbaupläne vorgelegt, um an dem neu aufgelegten Förderprogramm für 2011 teilnehmen zu können. Der Erweiterungsbau an der Bückerfeldstraße ist inzwischen fertig. Rund 700 000 Euro hat er verschlungen. Finanziert worden ist er mit Landesmitteln und einem privaten Kredit. „Dazu hat sich der Verein langfristig massiv verschulden müssen“, erzählt Alexandra Schubring-Braun vom Vorstand. Denn die anfangs zugesicherten Fördergelder sind nicht geflossen. Die Richtlinien hatten sich in der Zwischenzeit geändert. „Der Waldorfkindergarten mit seiner Umsetzung schlichtweg zu schnell“, sagt Helga Reder vom Paritätischen Wohlfahrtsverband mit einer Spur von Ironie in der Stimme.

Die Einrichtung an der Bückerfeldstraße bietet jetzt 16 Plätze für die U3-Betreuung an, 50 Plätze insgesamt. Zwar ist die Gesamtzahl der Plätze nicht größer geworden, aber die Bedingungen sind gänzlich andere. Während in der Vergangenheit 45 Quadratmeter pro Raum für eine Kindergartengruppe ausreichten, sind inzwischen für die Betreuung in gemischten Altersgruppen 120 Quadratmeter plus zusätzlichem Waschraum vorgeschrieben. Ein Wickeltisch für die Kleinsten muss ebenso vorhanden sein wie ein fester Schlafraum. Auch die Spiel- und Rückzugsflächen sind dem Alter entsprechend unterschiedlich.

„Im neuen Obergeschoss sind nun die Drei- bis Sechsjährigen in einer Gruppe untergebracht, die Jüngeren in zwei kleinen altersgemischten Gruppen im sanierten Erdgeschoss“, erklärt Silvia Verfürth. 15 Kinder stark ist eine solche Gruppe, acht von ihnen sind von vier Monaten bis drei Jahre, sieben über drei. Diese Gruppen bieten gute Entwicklungschancen, stellen gleichzeitig aber auch hohe Anforderungen an das Personal.

Die Kleinsten brauchen eine feste Bezugsperson, werden häufig aufgenommen und getragen, einzeln gefüttert und intensiv versorgt.“ Das erfordert nicht nur körperlich im Laufe eines Tages viel Kraft, sondern auch ausreichend Einfühlungsvermögen, was jedes einzelne Baby braucht. Auch das Essen muss auf das jeweilige Alter und die Wünsche der Eltern abgestimmt sein. „Nur gut, dass wir eine eigene Köchin haben“, sagt Verfürth.

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