Besuch auf vier Pfoten will gelernt sein

Wie Hunde kranke Menschen aufheitern können, üben Tiere und Besitzer vorab in Rollenspielen.

Besuch auf vier Pfoten will gelernt sein
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Eine nasse Schnauze, ein treuer Blick aus aufmerksamen Augen: Hunde können Trost spenden und Lebenshelfer sein, das wissen vor allem ihre Besitzer. Ein paar von den Krefelder Frauchen und Herrchen wollen dieses Gefühl nun weitergeben: 19 Ehrenamtler werden zurzeit zusammen mit ihren Vierbeinern für den Hundebesuchsdienst ausgebildet. „4 Pfoten für Sie“ nennt sich das Projekt, welches Änne Türke von den Alexianern in Köln vor neun Jahren ins Leben rief. Nachdem die Marke dort erfolgreich aufgebaut wurde, kommt sie nun in Zusammenarbeit mit der Salvea-Stiftung ans Gerontopsychiatrische Zentrum (GPZ) der Alexianer in Krefeld. Dort hat man bereits Erfahrung bei der Entwicklung innovativer Projekte für Menschen mit Demenz.

Besuch auf vier Pfoten will gelernt sein
Foto: Krause

Teilnehmerin nach dem Rollenspiel

Rebecca Deis, eine der Koordinatorinnen des Programms, erzählt, dass das Training auch eine große Herausforderung für die Teilnehmer ist: „Unsere Ehrenamtler gehen sehr vorsichtig an ihre neue Aufgabe heran. Sie haben Angst, die Patienten anfangs zu enttäuschen oder etwas falsch zu machen.“ Heute steht auf dem Lehrplan: Rollenspiele. Die Ehrenamtler in spe sollen gemeinsam mit ihren Hunden den Besuch bei Demenzerkrankten durchspielen. Oft gar nicht so leicht, wie man es sich vielleicht vorstellt. „Wenn ich zum Beispiel ein Ehepaar besuche, dann muss ich mich ja auf zwei Leute gleichzeitig konzentrieren und dann auch noch auf den Hund. Da wäre ich schon schnell überfordert“, berichtet eine Teilnehmerin nach dem Rollenspiel. „Die Schwierigkeit liegt darin, dass man auf Vieles gleichzeitig achten muss, den Hund, den Patienten und sich selbst“, sagt Marties Walterfang. Auch deshalb will so ein Besuchsdienst geübt sein.

Der Praxistag mit dem Hund stellt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Hundeführerschein dar, den die Beteiligten absolvieren müssen, bevor es mit den Besuchen losgehen kann. Insgesamt drei Wochenenden und 40 Theoriestunden bereiten die Teilnehmer sich darauf vor. Unter den angehenden Ehrenamtlern sind Lehrer, Pädagogen, Polizisten, also die verschiedensten Berufsgruppen vertreten. Und das Training zeigt Wirkung. „Es ist zwar anspruchsvoller und anstrengender, als ich gedacht hätte, aber es ist gleichzeitig auch sehr interessant, weil man viel über sich selber lernt und, wie man am besten mit seinem Hund umgeht“, sagt Manuela Goebels, die mit ihrem Hund Jack trainiert.

Auch die Hunde seien schon viel gelassener geworden als noch zu Beginn. Heute liegen sie mehrheitlich unbeeindruckt neben ihren Besitzern und dösen, solange sie gerade nicht dran sind. Hundetrainer Michael „Atze“ Nehmann weiß, worauf es bei seinen Übungen eigentlich ankommt: „Es geht genau genommen nicht darum, Hunde zu trainieren, sondern den Menschen im Umgang mit seinem Hund zu trainieren.“

Zusammen mit seinem Kollegen Sebastian Schwerdt hat er Hunde und Halter während der Trainingseinheiten betreut. Vor allem sollen die Hunde durch die Übungen auf Stresssituationen und ungewohnte Umgebungen vorbereitet werden. Für so einen Besuchsdienst ist auch nicht jeder Hund gleich gut geeignet. „Letztlich hat man ja auch eine sehr große Verantwortung, wenn man mit dem Hund in einen fremden Haushalt geht. Geeignete Hunde müssen deshalb positiv auf neue Menschen reagieren und die Fähigkeit besitzen, auch in eher stressigen Situationen cool zu bleiben“, so Nehmann.

Für den Besuchsdienst gibt es bereits eine Warteliste von 15 Patienten aus dem GPZ. „Die Krefelder sollten noch wissen, dass Demenz keine Grundvoraussetzung ist, um den Besuchsdienst anzufragen. Wir haben auch Patienten, die anderweitig erkrankt sind oder auch einfach ältere, eingeschränkte Menschen, die wenig Besuch bekommen, die sehr durch das Programm profitieren“, so Änne Türke. Oft ist der Hund auch nicht Mittelpunkt bei den Besuchen, sonder auch nur ein Türöffner für den zwischenmenschlichen Kontakt, der den Betroffenen so oft fehlt. Die Motivation hinter der ganzen Mühe? Für die Teilnehmer heißt der Besuchsdienst mehr als Gutes tun. „Ich habe das Gefühl, man lernt da wirklich sehr viel fürs Leben bei“, sagt Olaf Vinck. „Man muss sich ganz anders in andere Menschen reinfühlen und bekommt so auch ein besseres Gefühl für sich selbst.“ Sich besser fühlen also — das sollen bald auch viele Krefelder Patienten mit Hilfe der aufgeweckten Vierbeiner.

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