Interview „Krefeld bietet genug Stoff für historische Romane“

Krefeld · Bestseller-Autor Bernhard Hennen sprach bei „Mensch, Krefeld“ über einen neuen Elfen-Roman, seine Arbeit in Korea und die Verfilmung seiner Werke.

 Bernhard Hennen (r.) berichtete im Gespräch mit WZ-Redaktionsleiter Christian Herrendorf von seinen dramatischen Erlebnissen als Mitglied einer Schwertkampf-Gruppe.

Bernhard Hennen (r.) berichtete im Gespräch mit WZ-Redaktionsleiter Christian Herrendorf von seinen dramatischen Erlebnissen als Mitglied einer Schwertkampf-Gruppe.

Foto: ja/Dirk Jochmann (DJ)

Ich würde gerne mit einem Gedankenspiel beginnen und mit Ihnen überlegen, wie ein Krefeld-Roman von Bernhard Hennen aussehen könnte. Wie ist Krefeld bisher in Ihren Werken aufgetaucht?

Bernhard Hennen: In „Könige der ersten Nacht“ gibt es eine ganz kleine Krefeld-Szene mit Burg Linn. Tatsächlich habe ich über Krefeld-Geschichten nachgedacht. Ich habe die Geschichte meiner Familie recherchiert. Die war zwar bewegt, aber das erschien mir doch zu egozentrisch. Der Ubier-Aufstand in der Römerzeit hat mich interessiert, aber auch die Auswanderer-Geschichten. Also Stoffe für historische Romane hat Krefeld wahrlich genug. Wer weiß, vielleicht schreibe ich eines Tages einen Krefeld-Roman.

Sie haben in einem Exposé Krefeld mit einer Fantasy-Geschichte verknüpft. Wie schafft man es, Krefeld und Fantasy zusammenbringen?

Hennen: Indem man die Geschichte im Hier und Jetzt ansiedelt, die dann ein fantastisches Element hat. Das ist das Konzept für ein Jugendbuch und würde in der Gegenwart damit beginnen, dass man unter einem Schulhof eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg findet und es überraschend schulfrei gibt. Es würde dann einen Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg geben.

Wie nah an der Umsetzung ist diese Idee?

Hennen: Es gibt einen Verlag, der das Buch gerne hätte, aber ich warte noch auf ein besseres Angebot.

Sie haben in einem Fragebogen mal angegeben, dass Pierre Brice als Winnetou ihr Kindheitsheld war. Inwieweit ähnelt Ihre Arbeit an Ihren Welten der von Karl May, der alles am Schreibtisch ersann?

Hennen: Karl May ist erst spät in seinem Leben gereist, ich bin im Gegensatz dazu immer schon ein Reisender gewesen. Ich bin gleich nach dem Abitur, zum Entsetzen meiner Eltern, nach Nicaragua gefahren, was bedeutete, dass ich mitten in der Contra-Revolution dort ankam. Meine Eltern haben mich ziehen lassen, aber drei Jahre später durfte ich nicht mehr nach Afghanistan fahren. Sie sehen, das Reisen liegt mir im Blut und schlägt sich immer in meinen Büchern nieder. Es hat allerdings bis zu diesem Jahr gedauert, bis ich mir einen Traum erfüllen konnte. An einem Ort zu sein, an dem ich schreibe, der den Orten im Roman ähnlich ist. Ich war dieses Jahr eingeladen nach Seoul in Südkorea und habe da die asiatischen Kapitel des Azhur-Romans im Wesentlichen geschrieben.

Das erste Mal, dass Sie Inspiration brauchten und bewiesen, war in der Zeit, als Sie „Das schwarze Auge“ gespielt haben und Spielleiter wurden. Warum wurden Sie ausgewählt und was haben Sie da erkannt?

Hennen: Ich glaube, ich war 16, als ich mir die Box des Rollenspiels gekauft habe. Dann habe ich Opfer zum Spielen gesucht. Bei meinen Klassenkameraden kam das nicht so gut an. Dann habe ich meinen kleinen Bruder rekrutiert. Da ich das vorbereiten musste, wurde ich Spielleiter und bin das auch für lange Zeit geblieben. Wobei ich rückblickend sagen muss, das entspricht auch meinem Naturell. Als Spielleiter ist man Geschichtenerzähler.

Was haben Sie dabei über sich gelernt?

Hennen: Man muss sich die Geschichten beim Schwarzen Auge wie ein Drehbuch vorstellen. Es gibt eine Geschichte, die von den Spielern am Tisch umgesetzt wird. Nachdem ich so vier, fünf Drehbücher durch hatte, habe ich angefangen, meine eigenen zu entwickeln, damit es den Interessen der Spielrunden auch ideal entsprochen hat und auch meinen eigenen. So hat das Weltenentwickeln angefangen.

Sie haben nach der Kritik eines Lektors mit Schwertkampf angefangen. Warum und was war mit Blick auf Ihre Romane die wichtigste Lektion? Wie hat das Ihr Schreiben verändert?

Hennen: Ich schreibe die Szenen anders als früher. Meistens sehr kurz und in der Regel blutig, denn wenn es ein Qualitätsgefälle zwischen den Schwertkämpfern gibt, dann sind die Kämpfe sehr schnell vorbei. In der Regel ist es nicht häufig so, dass sich zwei gleich gute Kämpfer begegnen. Für mich habe ich gelernt, dass ich mal wieder etwas zu spät Schluss gemacht habe. Es brauchte zwei Dramen, damit ich aufhörte.

Welche waren das?

Hennen: Ich habe das vier Jahre gemacht. Wir sind jedes Jahr aufgetreten mit der Schwertkampfgruppe, in der ich war. Und jedes Jahr musste eine neue Choreografie her. Im zweiten Jahr dachten wir schon, jetzt müssen aber akrobatische Einlagen wie Salti in die Choreografie. Das ging auch noch gut. Im dritten Jahr hatten wir dann die vermessene Idee, brennende Schwerte zu benutzen. Dann sind wir auf die Idee gekommen, Fackelband um die Klingen zu wickeln, was eine dumme Idee war, wie sich herausstellte, denn aus dem Band lösten sich kleine Partikel, die durch die Luft schwebten. In der dritten Runde Klingenkreuzen ließ mein Schwertkampfpartner mitten in der Cheoregrafie die Klinge fallen, packte mich beim Hals, zog mich an den Rand des Kampfplatzes, wo ein Wassereimer stand, und tauchte mich mit dem Kopf hinein. Ich hatte einen Schwelbrand im Turban.

Wie verlief das zweite Drama?

Hennen: Wir haben uns im Winter eine neue Choreografie ausgedacht. Und was ist die Steigerung zu brennenden Schwertern? Es liegt auf der Hand: Einer muss blind sein. Sie ahnen, wer der Blinde war...Danach setzte langsam Vernunft ein und ich dachte mir: Noch eine Saison überlebst Du nicht.

Auf Fotos sieht man, dass Sie sich früh einen Bart haben wachsen lassen. Warum?

Hennen: Ich hatte lange Zeit das Problem, dass man mich sehr gerne mit junge Frau angesprochen hat. Dann dachte ich mir: Versuch es mal mit meinem Bart, dann nimmt das hoffentlich ab.

Eines der anderen Fotos zeigt Sie bei einer Montagslesung in Uerdingen. Wo sehen Sie die Initiative?

Hennen: Man kann das am besten mit einer Zahl ausdrücken: In dieser Woche ist die 337. Montagslesung. Wir bleiben am Ball. Es gibt die Montagslesung nun seit bald sieben Jahren. Tatsächlich scheint sich etwas zum Besseren zu ändern: Das Gebäude wird renoviert werden, und es ist nach den Worten des Oberbürgermeisters vorgesehen, eine städtische Medienausleihe noch in einem etwas festeren Rahmen zu etablieren. Ich finde, die Chance auf eine Versorgung mit Büchern ist wesentlich. Diese kleine Bücherei war für mich immer ein bisschen so, wie ich als Schriftsteller eine Bücherei beschrieben hätte, wenn es eine ideale, etwas angestaubte, leicht verwunschene Bücherei hätte sein sollen. Ich bin optimistisch, glaube an das Gute im Leben – und den Tag, an dem die Pforten der Bücherei wieder öffnen werden.

Bei Ihnen fällt auf, dass verschiedene Formen der Zusammenarbeit eine große Rolle spielen. Ist der Niederrheiner dafür besonders geeignet?

Hennen: Ich glaube uns Niederrheinern haftet an, dass wir leicht mit Leuten, auch mit fremden, ins Gespräch kommen. Diese Eigenart ist gut, um Leute kennenzulernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Mit ganz wenigen Ausnahmen habe ich mich nicht geirrt in meinem Leben, wenn ich glaubte, jemandem vertrauen und mit ihm arbeiten zu können.

Sie gehen im nächsten Jahr mit Markus Heitz und Kai Meyer auf Tournee. Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie das wird? Ähnlich wie bei einer Band?

Hennen: Jein. Musiker haben wir nicht mit auf der Bühne, aber wir werden Lederjacken tragen. Wir haben einen Testlauf im Deutschen Theater im Göttingen gehabt, das hat sehr gut funktioniert. Wir lesen aus unseren Büchern, aber nur kurze Abschnitte, im Wesentlichen werden wir mit dem Publikum plaudern und mit der Moderatorin. Das sind große Häuser, aber in der Endphase werden wir wohl tatsächlich beworben wie eine Band, mit vielen Plakaten.

Ich würde gerne über den Begriff Erfolg sprechen und wie er sich für einen Schriftsteller verändert? Was war Ihr erster Erfolg?

Hennen: Ich glaube, mein erster großer Erfolg war meine erste Schülerzeitung, also tatsächlich etwas Gedrucktes von sich zu sehen und mitzubekommen, wie es gelesen wird und dass es dann Reaktionen darauf gibt. Das ist ein Gefühl, das nach wie vor noch schön ist. Wobei es sich über die Jahre ändert. Die aller angenehmste Veränderung ist, dass sich das mit dem Überziehungskredit verändert. In den Überziehungskredit gerate ich nur äußerst selten. Gerade weil ich das so lange so anders kannte, weiß ich das sehr zu schätzen.

Ihre Bücher sind mittlerweile in zehn Sprachen übersetzt worden? Gibt es noch Wunschsprachen, in die sie gerne noch übertragen würden?

Hennen: Chinesisch und Koreanisch hätte ich gerne dazu, an beidem arbeite ich zur Zeit. Ich schreibe mit einer Koreanerin ein Buch zusammen, und wenn wir das gut zum Ende bringen, dann wird mein erstes Buch auf Koreanisch erscheinen. Da sie gute Kontakte nach China hat und das Thema ein chinesisches ist, gibt es große Chancen, auch ins Chinesische übersetzt zu werden. Da es in Korea andere staatliche Förderungen für Romanübersetzung gibt als in unserem Land, gibt es beste Chance, dass der koreanische Staat unser Buch auf eigene Kosten auch ins Englische übersetzt. Weitere Hintergedanken sind, dass es die einzige Chance ist, zum Hugo nominiert zu werden. Der Hugo ist so etwas wie der Oscar für Fantasy-Autoren. Das ist endgültig der Ritterschlag, danach ist man Fantasyautor von Weltformat.

Was würde Ihnen eine Verfilmung bedeuten?

Hennen: Ich verhandele seit dreieinhalb Jahren über ein Filmprojekt, wobei ich nicht sehr viel zu sagen darf. Sollte es zustandekommen, so wie es verhandelt wird, wäre es eine Fernsehserie. John Howe, ein bekannter Fantasy-Illustrator, der unter anderem das Design zu den Filmen ,Der Hobbit’ und ,Der Herr der Ringe’ entworfen hat, hat erste Entwurfszeichnungen zu diesem Filmprojekt gemacht. Und wer weiß: Vielleicht wird das eines Tages Wirklichkeit. Aber die Projektsumme für eine Staffel mit acht Folgen ist, weil es Fantasy ist, 60 Millionen Euro. Die muss man erst einmal zusammenbekommen. Man sollte da ganz realistisch bleiben. Aber auch der Weg dahin ist interessant.

Sie kommen gerade von der Frankfurter Buchmesse zurück. Was wurde da besprochen oder beschlossen?

Hennen: Gesprochen wurde über weitere Elfen-Romane und auch über das Korea-Buch.

Sie haben die dreiteiligen Chroniken von Azuhr jetzt abgeschlossen. Was kommt als nächstes?

Hennen: Im Frühjahr 2021 wird es zur Leipziger Buchmesse einen neuen Elfen-Roman geben, den Auftakt einer Trilogie. Ich hoffe, es bleibt dabei. Der Verlag erinnert sich noch lebhaft an die letzte Trilogie, die nach fünf Teilen endete. Dieses Mal nehme ich mir vor, wirklich bei drei Bänden zu bleiben, bei den Chroniken von Azuhr hat das ja auch geklappt. Daneben gilt es die Phileasson-Saga zuende zu schreiben. Und dann? Wer weiß? Vielleicht ein Jugendbuch, das mit dem Fund einer Bombe auf einem Krefelder Schulhof beginnt...

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