Medizin Bello wird jetzt Krankenpfleger

Im Alexianer werden Hunde für den Besuchsdienst ausgebildet. Gerade Demenzkranke profitieren vom Kontakt zu den Tieren.

Medizin: Bello wird jetzt Krankenpfleger
Foto: Lothar Strücken

Krefeld. Eine Krücke fällt um. Der Hund bleibt ruhig. Er wird überall am ganzen Körper angefasst und vielleicht auch mal ein bisschen stärker an den Ohren. Das Tier bleibt entspannt. Der Vierbeiner wird gerufen und ein Ball oder Leckerli kreuzt seinen Weg. Trotzdem kommt er brav zu Herrchen und Frauchen. Solche gelassenen Hunde, die ein gutes Team mit ihren Besitzern bilden, sucht das neue Krefelder Projekt „4 Pfoten für Sie“. Mit ihnen soll ein ehrenamtlicher Hunde-Besuchsdienst für Demenzkranke aufgebaut werden. „Wer jemals gesehen hat, wie ein Hund ein Lächeln in das Gesicht eines Menschen mit Demenz gezaubert hat, versteht, warum wir das machen“, sagt Änne Türke.

Änne Türke, Ideengeberin von „4 Pfoten für Sie“

Die Hundebesitzerin und Mitarbeiterin des Alexianer-Krankenhauses in Köln hatte die Idee für dieses spezielle Angebot und hat es in der Domstadt für ihren Arbeitgeber aufgebaut. Seit 2008 sind dort 200 Menschen und ihre Hunde für den Besuchsdienst geschult worden. Nun soll das Projekt auch in Krefeld starten.

Der erste wichtige Schritt ist dabei ein Eignungstest der Hunde. Die Tiere sollen menschenbezogen sein, dürfen nicht aggressiv oder überängstlich sein und müssen gehorchen. „Nur nett, das reicht nicht“, sagt Änne Türke. „Der liebste Labrador kann durchfallen, weil er mit 40 Kilo über Tische und Bänke geht“, sagt Türke, die in den mittlerweile 80 Teams in Köln und der umliegenden Region auch schon einen Rottweiler oder Pitbull hatte. „Wir nehmen alles vom Mops bis zum Berner Sennenhund, wenn es passt.“ Und passen heißt auch, dass der Hund an dem, was er tut, Spaß haben soll.

Einmal in der Woche für ein bis zwei Stunden würden die Ehrenamtlichen, die mitmachen, „ihren“ Demenzkranken zu Hause oder in einer Einrichtung besuchen. „Das ist nicht vergleichbar mit Besuchshunden zum Beispiel in Altenheimen“, sagt Türke, „es geht nicht um einen Hund für alle.“ Passende Temperamente und Bedürfnisse zusammenzubringen sei entscheidend. „Es gibt Menschen, die wollen vielleicht eine Stunde lang kuscheln“, erzählt sie, „aber junge Demenzkranke haben beispielsweise einen großen Bewegungsdrang, die wollen mit einem Hund raus und laufen.“

Bei den Tests für die Vierbeiner, die für Februar geplant sind, schaut der Fischelner Hundetrainer Sebastian Schwerdt genau hin. Er ist auch der Verantwortliche in Sachen Hundeführerschein, der am Ende der dreistufigen Ausbildung der Teams steht. Und der Name Team ist dabei wörtlich zu nehmen.

Nicht nur der Hund, auch Frauchen und Herrchen spielen eine entscheidende Rolle. „Wir hatten auch schon Fälle, in denen hätte es der Hund geschafft“, deutet Türke an, dass die Beziehung zwischen Hund und Besitzer stimmen muss, aber auch dass für den Kontakt zu Dementen bestimmte menschliche Qualitäten gefragt sind. „Wenn man jemanden einmal in der Woche besucht, dann baut sich da eine Beziehung auf, das ist keine Frage“, so Türke.

Was das nötige Wissen angeht, werden die zweibeinigen Team-Mitglieder in drei Kursen für den Umgang mit den Erkrankten qualifiziert. „Je sicherer die Menschen im Umgang mit den Demenzkranken sind, umso sicherer ist auch der Hund“, betont Türke. Wenn die Besuche schon laufen, wird es zur Unterstützung der Ehrenamtlichen Fortbildungen und Reflektions-Treffen geben.

Die gesamte Koordination in Krefeld übernehmen zwei Mitarbeiterinnen des Gerontopsychiatrischen Zentrums (GPZ) des Alexianer. Nadine Cujai und Rebecca Deis werden gleichzeitig Ansprechpartnerinnen für mögliche Ehrenamtliche oder Angehörige von Demenzkranken sein. „Hunde sind einfach Türöffner“, sagt Cujai, „wir sind begeistert, wie gut das in Köln funktioniert.“ Ihr Chef, Professor Dr. Ralf Ihl, freut sich, dass man über dieses Angebot einen weiteren Zugangsweg zu den Betroffenen hat, „die den Weg zu uns und unseren Angeboten sonst nicht gefunden hätten“. Im GPZ gibt es alles von der Gedächtnissprechstunde, Gesprächskreisen über Theatergruppen oder Walking-Treffs.

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