Bayer Uerdingen: Das Kreuz wird überflüssig

Bayer zieht sich aus Uerdingen zurück. Viele Mitarbeiter sind verunsichert. Aber die Chefin des Betriebsrates zeigt sich zuversichtlich.

Das Bayer-Kreuz - ein Denkmal?

Das Bayer-Kreuz - ein Denkmal?

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Uerdingen. Unzufrieden ist Petra Kronen nicht. „Wir haben sehr hart verhandelt und ein vorzeigbares Ergebnis erzielt“, sagt die Vorsitzende des Betriebsrates von Bayer in Uerdingen. Bis 2020 gibt es eine Garantie für alle Standorte in Deutschland und keine betriebsbedingten Kündigungen. Aber mit der Umwandlung von Bayer Material Science (BMS) in ein börsennotiertes Unternehmen wird 2016 die letzte große Bayer-Tochter aus Uerdingen verschwinden.

„Emotional wird’s ganz schwierig“, erzählt Kronen. „Viele von uns arbeiten in der dritten Generation im Konzern. Nicht als Bayer-Beschäftigter in Rente zu gehen, fällt schwer.“ Das Bayer-Kreuz als Symbol für weit mehr als 100 Jahre Industriegeschichte werde in Uerdingen bald nicht mehr gebraucht.

„Schlecht für unseren Standort muss die Trennung vom Konzern aber nicht unbedingt sein“, zeigt sich Kronen zuversichtlich. „Wir produzieren hochwertigen Kunststoff. Und dieses Geschäft hat Zukunft.“

Die Chefin des Betriebsrates hält es sogar für möglich, dass die Wertschätzung für Uerdingen in der neuen BMS größer ist als bisher unter dem Bayer-Dach.

Dass es bei der Trennung vom Leverkusener Mutterkonzern schon bald Verlierer geben könnte, will Kronen aber nicht ausschließen. Sie denkt an die zahlreichen Bayer-Vereine in Krefeld. Sie müssen damit rechnen, dass ihnen der Geldhahn zugedreht wird.

Diese Sorge teilt auch Krefelds DGB-Chef Ralf Köpke. Er befürchtet, dass sich Bayer „einmal mehr aus seiner sozialpolitischen Verantwortung zurückzieht.“

Die Ausgliederung von BMS bezeichnet er als ein „industriepolitisch schlimmes Signal“. Das Bayer-Kreuz könne der Konzern jetzt abschrauben. Es habe bald nur noch historische Bedeutung. Vielleicht werde sogar die CO-Pipeline von Dormagen nach Uerdingen nicht mehr gebraucht.

Solche Skepsis lässt Petra Kronen nicht gelten. Die umstrittene CO-Leitung von Dormagen nach Uerdingen sei notwendiger denn je, um die Kunststoff-Produktion zu sichern. Dies gelte auch für das geplante Gaskraftwerk zur Erzeugung von Strom und Dampf. „Wenn es für diese beiden Projekte kein grünes Licht gibt, hat der Chemiestandort Uerdingen ein echtes Problem“, sagt die Arbeitnehmervertreterin.

Den Umbau des Bayer-Konzerns hält sie für einen Prozess, den der Betriebsrat nicht habe verhindern können. Schon vor zehn Jahren kam es zur Abspaltung von Teilen des Chemie- und Polymergeschäftes in die heutige Lanxess AG. Die Dreisäulenstrategie (Chemie, Pharma und Pflanzenschutz) gilt nicht mehr. Der neue Bayer-Konzern kommt ohne Chemie aus, weil sich in den beiden anderen Sparten mehr Geld verdienen lässt. „Bei Pharma wird eine Rendite von 30 Prozent erreicht. Wir schaffen zehn Prozent“, rechnet Kronen vor. „Aber das reicht dem Vorstand nicht mehr.“

Bayer-Chef Marijn Dekkers erhebt übrigens den Anspruch, dass die abgespaltene Kunststoffsparte in den Aktienindex Dax aufgenommen wird. Immerhin gehe es um mehr als elf Milliarden Euro Umsatz und 16 800 Mitarbeiter. Das müsste für den Dax doch genügen. Einen Namen für die neue Firma habe er aber noch nicht.

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