Ausstellungseröffnung Im Herzen des Kronprinzenviertels

Krefeld · Mit einer Ausstellung feiert das Haus der Seidenkultur das 150-jährige Bestehen der Weberei an der Luisenstraße.

Kuratorin Ulrike Denter mit einer Lithografie von 1882, auf der unter anderem Kronprinz Friedrich Wilhelm zu sehen ist. Er gab dem Stadtviertel seinen Namen.

Kuratorin Ulrike Denter mit einer Lithografie von 1882, auf der unter anderem Kronprinz Friedrich Wilhelm zu sehen ist. Er gab dem Stadtviertel seinen Namen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Der Slogan „Stadt wie Samt und Seide“ ist in Krefeld an kaum einer anderen Stelle so gut nachvollziehbar wie an der Luisenstraße 15. Im Haus der Seidenkultur ist die Textilgeschichte der Stadt hautnah zu erleben und zu begreifen – vor allem im Obergeschoss des Hinterhauses, wo bis heute die hölzernen Jacquard-Webstühle so stehen, als könnte der 1989 eingestellte Betrieb der Paramenten-Manufaktur jederzeit wieder aufgenommen werden. Im Krefelder Adressbuch ist das Haus, das der Seidenfabrikant Gottfried Diepers errichten ließ, erstmals 1868 erwähnt. 150 Jahre liegt das jetzt zurück. Aus diesem Anlass hat Kuratorin Ulrike Denter eine Ausstellung zusammengestellt, die die Geschichte des Gebäudes ganz eng mit der Stadtgeschichte verbindet.

„150 Jahre im Herzen des Kronprinzenviertels“ hat sie die Schau genannt, die am Sonntag, 2. Dezember, eröffnet wird. „Zur Vorbereitung hat sie intensiv im Stadtarchiv, im Archiv in Linn sowie in unserem eigenen Archiv recherchiert“, sagt Dieter Brenner, Pressesprecher des Museum. Wobei es gleichzeitig galt, eine besondere Schwierigkeit lösen: Was kann man zur Geschichte einer Immobilie und eines ganzen Stadtviertels am besten ausstellen?

Lithografien
und ein Diorama

Zu sehen sind in der Schau, die bis zum 5. Mai 2019 besucht werden kann, unter anderem alte Stadtkarten und -pläne ebenso wie Fotografien und Lithografien von markanten Gebäuden wie der in den 1850er Jahren gebauten Stephanskirche – anfangs noch ohne Turm. Auch ein altes Diorama, also einen Schaukasten, der ein Straßenbild aus dem Krefeld um 1900 zeigt, ist zu sehen. Es gibt 14 solcher Dioramen, die vom Haus der Seidenkultur restauriert und später einmal gemeinsam ausgestellt werden sollen. An den Namensgeber des Viertels erinnert ein lithografischer Druck von 1882. „Hurrah! Vier Könige!“ ist darauf zu lesen. Entstanden ist er aus Anlass der Geburt von Prinz Wilhelm von Preußen, Sohn des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm.

Der Bau des Stadtviertel war 1843 von der preußischen Regierung genehmigt worden. Es ersteckt sich in Nord-Süd-Richtung von der Rhein- bis zur heutigen Hansastraße und in Ost-West-Richtung vom Ostwall bis zur Philadelphiastraße, die damals Kronprinzenstraße hieß. Benannt war sie nach dem Kronprinzen, der Krefeld 1833 besucht hatte. Andere Persönlichkeiten des preußischen Königshauses finden sich bis heute in Straßennamen wieder – so unter anderem auf der Luisenstraße, die an Prinzessin Luise von Preußen erinnert. Eben dort, „im einst noblen Kronzprinenviertel“, so Dieter Brenner, ließ der 1833 in Krefeld geborene Gottfried Diepers ein Gebäude errichten, das von Anfang an Wohn- und Geschäftshaus mit Produktionsstätte im Hinterhaus sein sollte. Schon wenige Jahre später erstreckte sich der wachsende Betrieb bis zur Mariannenstraße – benannt nach Marianne von Oranien-Nassau.

Rundbögen schützen vor
dem feuchten Untergrund

Das Areal des Viertels liegt an der Kante der oberen Schotterterrasse, die der Rhein geschaffen hat. Da die Straßen damals noch nicht asphaltiert waren, versickerte das Wasser im Boden oder wurde über Gräben in Richtung des Sprödentals abgeleitet. Der feuchte Untergrund machte offenbar eine besonders solide Bauweise notwendig: Bei späteren Sanierungsarbeiten wurden unterhalb der Fundamente Rundbögen entdeckt, die das Haus offenbar sicher vor Feuchtigkeit machten sollten. Bis heute hat das Haus zwei nebeneinander liegende Eingänge und zwei Treppenhäuser. Der linke Eingang führte in die Privaträume, der rechte Eingang in die Verkaufsräume im Erdgeschoss und von dort aus weiter über eine Treppe in den Websaal. Dieser wurde anfangs mit Öfen beheizt.

1908 kaufte der Unternehmer Hubert Gotzes die Weberei und baute sie weiter aus. Schon kurze Zeit später hat er offenbar den Anschluss an die Elektrizität vorangetrieben: 1899 hatte das Elektrizitätswerk an der Canalstraße (heute Hansastraße) den Betrieb aufgenommen. Bei der späteren Sanierung des Hauses wurde die altertümlicher Anlage freigelegt. Auch Rohre einer Niederdruckheizung, die zu dieser Zeit verlegt worden sein müssen, tauchten damals wieder auf. Die Familie Gotzes führte das Unternehmen, das zeitweise sogar eine Filiale in Chicago besaß, bis zur Schließung. Letzter Geschäftsführer wurde 1969 Erwin Maus, ein Neffe von Eigentümerin Henriette Gotzes. Er war schon lange als ihr Nachfolger aufgebaut worden.

Ein Gästebuch von 1955 aus Anlass des 50-jährigen Geschäftsjubiläums zeigt in der Ausstellung, dass die Belegschaft zu dieser Zeit mehr als 20 Personen zählte. In den 80er Jahren war die große Zeit von Samt und Seide in Krefeld aber vorbei: Die Paramenten-Manufaktur hatte mit Andreas Friedenberg nur noch einen Weber. Sein Tod führte 1989 zur Schließung des traditionsreichen Unternehmens. An die Geschichte des Hauses erinnert seit 2000 das neu gegründete Museum.

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