Kinderarmut „Mit 10,20 Euro kann man nicht im Biomarkt einkaufen“

Krefeld · Interview Christoph Gilles vom Landschaftsverband Rheinland erklärt, wie sich Armut auf Kinder auswirkt.

Christoph Gilles arbeitet in der Koordinationsstelle Kinderarmut des Landschaftsverbands Rheinland. 

Christoph Gilles arbeitet in der Koordinationsstelle Kinderarmut des Landschaftsverbands Rheinland. 

Foto: Uwe Weiser

Herr Gilles, können Sie kurz erklären, was es für ein Kind bedeutet, in Armut aufzuwachsen?

Christoph Gilles: Für das Kind bedeutet dies zweierlei: Im Vergleich mit bürgerlichen, finanziell gut versorgten Kindern fehlen ihm vielfache Möglichkeiten für ein gelingendes Kinderleben. Arme Kinder bekommen schlechtere Bildungsmöglichkeiten, ihnen fehlen die Unterstützungssysteme von Eltern und Nachhilfen und sie machen deshalb schlechtere Abschlüsse, das zeigen viele Studien. Arme Kinder sind aufgrund der Wohnverhältnisse, einer schlechteren Ernährung und fehlenden Wissens bei den oft bildungsfernen Eltern dicker und häufiger krank. Ein 16-Jähriger kann mit 10,20 Euro Hartz-IV-Satz pro Tag, der für Nahrungsmittel, Kleidung, Taschengeld, Ausstattung für Sport und Kultur reichen soll, nicht im Biomarkt einkaufen. Sportverein, Jugendgruppe und Musikunterricht bleibt den Kindern aus finanziellen Gründen, aber auch aufgrund fehlender Zugänge verwehrt. Ohne Auto kann der Elternfahrdienst eben nicht stattfinden. Dabei ist der Befund eindeutig: Arme Eltern tun alles, um ihr Kind die Armutsfolgen so wenig wie möglich spüren zu lassen.

Wie kann man Kinder möglichst früh dabei unterstützen, der Armutsspirale zu entkommen?

Gilles: Kommunen und Jugendämter haben keinen Einfluss auf das Einkommen von Eltern, sie können nur an den Armutsfolgen ansetzen und durch die Schaffung vielfältiger kostenfreier Angebote allen Kindern die Teilhabe an einem gelingenden Kinderleben ermöglichen.

Was macht die Koordinationsstelle Kinderarmut, um Armut zu vermeiden?

Gilles: Wir unterstützen die Kommunen und vor allem die Jugendämter dabei, wie die Zusammenarbeit der Institutionen, die mit armen Kindern zu tun haben, verbessert werden kann. Die finanzielle Armut können wir jedoch nicht beheben. Diese Aufgabe ist auf der Bundesebene anzugehen.

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