Arbeitsgericht: Abfindung für Love-Parade-Opfer

Der Arbeitgeber aus Krefeld hatte einer 27-Jährigen gekündigt, die wegen der Folgen ihres Traumas arbeitsunfähig war. Dagegen hat die Frau geklagt. Die Parteien einigten sich auf einen Vergleich.

Krefeld. Judith S. (27) kann die schlimmen Bilder nicht vergessen. Als es am 24. Juli vergangenen Jahres an der Zugangsrampe der Duisburger Love Parade zur Katastrophe kam, war sie mittendrin in dem dichten Gedränge. 21 Menschen starben, unzählige wurden verletzt. Die Frau aus Kevelaer befand sich direkt neben der Treppe, an der die meisten Opfer gefunden wurden.

Durch das, was sie dort sah und erlebte, war sie so schwer traumatisiert, dass sie nicht mehr arbeiten konnte. Sieben Monate später erhielt sie im Februar von ihrem Arbeitgeber, einem Unternehmen der Pharmaindustrie in Krefeld, die Kündigung. Das brachte den Fall am Dienstag vor das Arbeitsgericht.

Schlafstörungen, Panikanfälle und Konzentrationsschwäche — als die Sachbearbeiterin in der Qualitätskontrolle acht Tage nach dem Unglück wieder an den Schreibtisch zurückkehrte, musste sie die Arbeit abbrechen. Das Trauma war zu schwer, um normal im Job weitermachen zu können. Die Frau wurde zunächst stationär in einem Krankenhaus, zuletzt noch ambulant behandelt.

Weil sie auf einer Kontaktsperre bestand, erfuhr ihr Arbeitnehmer nicht, dass sich der Zustand der 27-Jährigen besserte. Der ging deshalb von einer langfristigen Erkrankung aus — und schickte die Kündigung.

Judith S. allerdings fiel aus allen Wolken und klagte gegen die Kündigung. Seit dem 1. April ist sie in einer Wiedereingliederung bei den SOS-Kinderdörfern, die ihr die Rentenversicherung vermittelt hat. Das Ziel: Wieder in Vollzeit zu arbeiten.

Das wird sie allerdings nicht mehr bei ihrem alten Arbeitgeber. Die Anwälte beider Seiten einigten sich am Dienstag vor dem Krefelder Arbeitsgericht gütlich. Die 27-Jährige, die seit 2007 bei dem Krefelder Unternehmen arbeitete, erhält zwei Monatsgehälter als Abfindung — rund 3800 Euro. Dafür akzeptiert sie die fristgerechte Kündigung.

Damit ist die 27-Jährige höchstwahrscheinlich glimpflich davongekommen. Denn in der Kanzlei ihres Anwalts war die Kündigungsschutzklage versehentlich viel zu spät abgeschickt, dadurch die reguläre Frist versäumt worden. Ohne den Vergleich wäre ihre Klage in einem dann folgenden Prozess möglicherweise aus formalen Gründen abgelehnt worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort