Hardenbergstraße Anarchie und Umsonstladen - So funktioniert das Freiraumprojekt in Krefeld

Krefeld · Das Anarchistische Freiraumprojekt will etwas in Krefeld verändern. Um was es geht, hat unsere Autorin bei einem Besuch herausgefunden.

 Andres Sadowsky vor dem Umsonstladen des Freiraumprojektes an der Hardenbergstraße.

Andres Sadowsky vor dem Umsonstladen des Freiraumprojektes an der Hardenbergstraße.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Fee schnippelt die Möhren, Welwl rührt bereits im Topf. Im Anarchistischen Freiraumprojekt an der Hardenbergstraße 5, auch genannt H5, wird regelmäßig gemeinsam gekocht. Was es gibt, kann man vorher nie so genau wissen. Das hängt davon ab, wer so alles kommt, und was an Zutaten zusammen kommt. „Jeder bringt mit, was er gerade zu Hause übrig hat“, erklärt Andres Sadowsky.

Er ist seit Beginn des Projektes vor zwei Jahren dabei und ziemlich stolz, dass es sich bereits so lange hält: „Viele linke Alternativprojekte sind kurzlebig.“ Zuvor gab es bereits ähnliche Projekte in Dortmund und Duisburg, von denen man sich in Krefeld inspirieren ließ. „Wir haben festgestellt, dass die Leute in Krefeld so etwas vermissen“, erinnert sich der Lehrer für Bio, Chemie und Physik. „Es gibt zwar Räume für Linke, aber die sind immer parteigebunden. Das ist nicht für jeden was.“

Im H5 gehe es nicht darum, ein politisches Programm zu entwickeln oder Forderungen an die Stadt zu stellen. Man wolle vielmehr selbst etwas in der eigenen Stadt verändern. „Wir hatten zuletzt beispielsweise einen Workshop zum Thema Urban Gardening“, erzählt Sadowsky. Überhaupt nehmen die unregelmäßigen Veranstaltungen zu. „Aber wir waren uns von Anfang an einig, dass das H5 vor allem ein Treffpunkt sein soll.“

Im H5 gibt es keine Leitung, aber feste Regeln für die Besucher

Finanziert wird das Projekt hauptsächlich von rund einem Dutzend der regelmäßigen Besucher. „Wir sind alle nicht von der reichen Sorte, jeder gibt regelmäßig einen kleinen Betrag.“ Der Vermieter sei ihnen gewogen, finde das H5 selbst gut.

Was sehr harmonisch klingt, läuft natürlich nicht immer ganz konfliktfrei: Das H5 liegt in einem Wohngebiet, und wenn es abends auf der Straße lange laut ist, melden sich auch schon mal die Nachbarn zu Wort. Darum gibt es im Anarchistischen Freiraumprojekt einen klaren und für jeden Besucher gleich sichtbaren Regelkatalog. Darin geht es vor allem darum, rücksichtsvoll und tolerant miteinander umzugehen, die Einrichtung pfleglich zu behandeln und verbrauchtes Material nachzufüllen. „Und im Garten auf dem Hof steht ein Schild ,Seid leise nach 22 Uhr`“, sagt Sadowsky.

Auch wenn er bereits seit zwei Jahren im Freiraumprojekt mitwirkt, mehr zu sagen als die anderen hat er natürlich nicht. Schließlich ist der Grundgedanke des H5, dass jeder stets vorbeikommen und mitmachen kann, und dass alles gemeinsam entschieden wird. „Einmal pro Woche kommen wir zum Plenum zusammen, dort kann jeder Vorschläge machen“, sagt Sadowsky. Schlägt beispielsweise jemand einen Strick-Workshop vor, überlegt man gemeinsam, wann der stattfinden und wer ihn anbieten kann.

Neben dem Kochen, dem Spieleabend, verschiedenen Workshops und Vorträgen, erfreut sich der Umsonstladen besonderer Beliebtheit. Jeder kann dort alte Sachen hinlegen oder wegnehmen. Das funktioniert bestens. „Es wird viel gebracht, mehr als man auslegen kann“, sagt Sadowsky. Auch viele Anwohner kämen vorbei, um in den Kleidungsstücken, Haushaltsgeräten, Büchern und Spielzeugen zu stöbern.

Auch Welwl wohnt nur eine Straße weiter. „Ich kenne ein paar Leute, die hier mitmachen, von früher“, erklärt er, wie er zum H5 gekommen ist. Fee ist schon länger dabei. „Ich finde das Projekt gut und unterstützenswert“, sagt sie. Das Möhrengemüse ist jetzt fast fertig, dazu soll es später noch Löwenzahnsalat geben.

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