Am Stadttheater fehlt Personal

Mit dem Geld, das ab 2020 von den Städten fließt, soll die Belegschaft entlastet werden — bis dahin bleibt es eng.

Am Stadttheater fehlt Personal
Foto: Dirk Jochmann

Im November hat der Aufsichtsrat des Theaters Krefeld und Mönchengladbach das Konzept „Theater mit Zukunft III“ einstimmig beschlossen. Auf Grundlage der Berechnungen ergibt sich ab 2020 eine Erhöhung des jährlichen Zuschusses von rund 1,93 Millionen Euro pro Stadt. Wofür das Geld gebraucht wird und wie es bis 2020 weitergeht, erklärt Theaterintendant Michael Grosse im Interview.

Herr Grosse, das Konzept Theater mit Zukunft III steht, allerdings greift es erst ab 2020. Was bedeutet das für die finanzielle Situation des Theaters bis dahin?

Michael Grosse: Löcher gibt es im Augenblick nicht. Wir sind mit mehreren nichtbesetzen Stellen unterwegs, um Personalkosten zu sparen. Damit wollen wir die Tarifentwicklung auffangen. Die Tarifabschlüsse werden eine spannende Frage in den kommenden zweieinhalb Jahren. In diesem Frühjahr steht einer an und auch im Frühjahr 2020. Davon hängt viel ab. Aber es zeichnet sich durch die neue Landesregierung auch ein höherer Zuschuss von zehn Prozent pro Haushaltsjahr ab, der in Theater mit Zukunft II noch nicht mit einberechnet war. Da erwarten wir eine Entlastung. Aus diesem „Dreiklang“ (unbesetzte Stellen, nicht zu hoher Tarifabschluss und den Landeszuschüssen, Anmerkung der Redaktion) erhoffen wir, dass wir es schaffen können. Die Situation ist äußerst eng und angespannt.

Wurden denn die Tarifentwicklungen im Theater mit Zukunft III berücksichtigt?

Grosse: Ja, die Entwicklungen von 2011 bis heute wurden darin berücksichtigt. Anstatt einer zweiprozentigen Erhöhung wie bei Theater mit Zukunft II ist jetzt die durchschnittlichte tatsächliche Tarifentwicklung mit 2,75 Prozent zugrunde gelegt.

Durch Preiserhöhungen und mehr Vorstellungen sollte das fehlende Geld für Theater mit Zukunft II erwirtschaftet werden. Funktioniert das?

Grosse: Ja, das doppelte Kinderkonzert hat gut funktioniert, die gezielte Ansetzung von Freiverkäufen stark nachgefragter Produktionen, zum Beispiel die Borussia-Revue, und auch das Gastspiel in Saaremaa hat viel Geld eingebracht.

Gibt es eine erneute Preiserhöhung?

Grosse: Ja, das machen wir alle drei Jahre. Die nächste zur kommenden Spielzeit 2018/19.

Steht schon fest, wie hoch die ausfallen soll?

Grosse: Wir brauchen auf der Einnahmeseite 15 Prozent mehr. Die Preise werden erhöht, aber über verschiedene Stellschrauben: Modifizierung von Platzgruppen, Veränderung von Ermäßigungstatbeständen, Dynamic Prizing (der Anpassung von Preisen an die Nachfrage, Anmerkung der Redaktion). Das geht aber auch über Vermietungen, vor allem in Mönchengladbach.

Wie es sich auf den einzelnen Besucher auswirkt, lässt sich also noch nicht sagen?

Grosse: Nicht detailliert — das Preisspektrum jedoch wird den Theaterbesuch für jeden Geldbeutel weiterhin möglich machen.

Wie viele unbesetzte Stellen gibt es momentan am Theater?

Grosse: Wir können sagen, dass wir über 34 Positionen als Vollzeitäquivalente sprechen. Unbesetzte Stellen, Vollzeit und Teilzeit, sind dabei. Die Wiederbesetzung von bestimmten Positionen erfolgt nach einer Sperrfrist, externe Aufträge werden in Eigenleistung umgewandelt etc. Das betrifft vor allem die Technik und die Werkstätten. Zum Beispiel in den Werkstätten sind es 22 Prozent weniger Mitarbeiter, obwohl die gleiche Arbeit ansteht. Da arbeiten wir mit einer Aufgabenverdichtung auf weniger Schultern, was nur zeitlich begrenzt verantwortbar ist.

Sollen diese Stellen 2020 wieder besetzt werden?

Grosse. Das Theater bekommt zwar mehr Geld, aber dadurch werden wir nicht größer, sondern wir stellen den Status quo wieder her. 2008 bis 2009 war eine Unternehmensberatung bei uns im Haus und hat als Untergrenze einen Personalschlüssel generiert. Davon sind wir empfindlich nach unten abgewichen. Den müssen wir — zum Substanzerhalt — ab 2020 wieder erfüllen.

Was wäre passiert, wenn Sie die finanziellen Zuschüsse der Stadt nicht hätten erhöhen können?

Grosse: Der Betrieb wäre so nicht mehr aufrechtzuerhalten gewesen. Es ging in den Gesprächen aber immer um das „wie“, nie um das „ob“. Die Theaterehe feiert in diesem Jahr ihren 68. Geburtstag. Krefeld zahlt jetzt 15 Millionen für ein Sechssparten-Haus mit 250 Vorstellungen. Das erreichen sie nirgendwo in Deutschland mit diesem Finanzierungsbeitrag: ein optimiertes Angebot vom Puppentheater bis zur großen Oper. Wir machen ja auch noch mehr als nur Theater spielen: pädagogische Begleitkonzepte, Kooperationen mit städtischen Partnern etc. Für Politik, Verwaltung und Theater ist das schon eine gegenseitige Vertrauenserklärung, um auch langfristige Projekte planen zu können.

Wird es ein Theater mit Zukunft IV geben?

Grosse: Ich wüsste nicht, warum man davon abkehren sollte. Es hat sich bewährt.

Wie geht es ab 2020 weiter, wird das Publikum merken, dass es einen höheren Zuschuss der Städte gibt?

Grosse: Da wir nicht größer werden, wird es auch nicht mehr Vorstellungen geben. Es geht eher um die Qualität. Der Besucher ist schnell in Aachen oder Düsseldorf am Theater. Wir müssen die Qualität halten, obwohl wir viele gute Künstler schnell an größere Häuser verlieren. Die Frage ist ja auch immer, wer die strategisch planenden und handelnden Personen sind.

Ihr Vertrag geht bis 2020, wollen Sie denn weitermachen?

Grosse: Dazu möchte ich mich jetzt noch nicht äußern, weil wir hierzu gerade interne Gespräche führen. Die Verantwortlichen außerhalb und innerhalb des Theaters sind seit gGmbH-Gründung einander eng beigestanden. Es gibt da schon ein gegenseitiges, vitales Interesse, weiter zusammenzuarbeiten.

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