AfD-Politiker Gottschalk darf Boykott türkischer Läden fordern
Die Anzeigen wegen Volksverhetzung halten der Prüfung der Staatsanwaltschaft juristisch nicht stand.
Update: Wie die Staatsanwaltschaft Krefeld am Donnerstag, den 19.04.2018, mitteilte, ist der Prüfungsprozess der Äußerungen von Kay Gottschalk doch noch nicht abgeschlossen. Laut Oberstaatsanwalt Axel Stahl gab es einen "Kommunikationsfehler im Hause". Mehr dazu hier.
Krefeld. Es ist ein Mittwochabend im Januar, Hauptstraße in Krefeld-Oppum. Die Autokennzeichen machen deutlich: Krefeld hat Besuch. Zum Teil von weiter außerhalb. In der privaten Veranstaltungshalle geht es trotzdem familiär zu. Man kennt sich in der AfD-Community, es ist Neujahrsrempfang, Parteichef Meuthen soll reden. Die AfD hat ein breites Kreuz dieser Tage, die Rhetorik ist scharf — das Credo: Wir sind erfolgreich, klüger und lieben unser Land einfach mehr als alle anderen. Dann tritt der Kreis Viersener Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk ans Mikro und fordert zum Boykott von Türken-Läden auf.
Jetzt ist klar: Er darf das. Die Anzeigen wegen Volksverhetzung nach der Veranstaltung scheitern schon in der Vorprüfung der Staatsanwaltschaft Krefeld. Vorprüfung, weil Gottschalk als Mitglied des Bundestages schließlich auch Immunität genießt. Oberstaatsanwalt Axel Stahl bestätigt auf WZ-Anfrage: „In der Tat erfüllen Gottschalks Worte, so wie er sie im großen Zusammenhang mit Erdogan geäußert hat, nicht den Tatbestand der Volksverhetzung.“
Gottschalks genaue Wortwahl an jenem Mittwochabend vor aufgeheiztem Publikum lautete so: „Ich rufe alle Bürger guten Willens auf: Boykottiert die Läden der Türken in Deutschland, denn die fahren zu 70 Prozent auf Erdogan ab.“ Gottschalk, der politisch importierte Hamburger, ist als stellvertretender Vorsitzender der Bundespartei weder Leichtgewicht noch unerfahren. Parteikollege Stefan Keuter versucht noch am Abend die Relativierung: „Der Kay redet sich schon mal in Rage.“
Am Tag darauf ist es nicht mehr „der Kay“, sondern einmal mehr eine problematische Entgleisung eines Partei-Oberen. Bundestags-Kollege Martin Renner fordert laut „Stern“ gar Gottschalks Rückzug aus allen politischen Ämtern und ordnet die „unverzeihliche Entgleisung als Aufforderung zur Kopie einer Nazi-Methode“ ein. Er meint Hitlers Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte. Es bleibt bei tadelnden Worten, Gottschalk gibt sich unter anderem in einem Facebook-Video zerknirscht und rudert zaghaft zurück.