Krefeld 96 Jahre Litfaßsäulen in Krefeld

265 Werbesäulen prägen das Stadtbild. Die Älteste steht am Frankenring. Kulturschaffende können umsonst werben.

Krefeld: 96 Jahre Litfaßsäulen in Krefeld
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Ihr Äußeres unterliegt dem ständigen Wandel. Trotzdem ist sie irgendwie unaufgeregt. Geradezu bescheiden und ruhig steht sie an Straßen und öffentlichen Plätzen. Bis zu 150 Plakate pro Jahr werden an ihr befestigt, bis sie „abspecken“ muss. An der Ecke Blumenstraße/Frankenring steht schon seit dem Jahr 1920 eine Litfaßsäule. Derzeit wirbt dort an der viel befahrenen Straße eine bekannte Fastfood-Kette für ihre „Burger-Basics“. Insgesamt 256 Litfaßsäulen vermietet die Firma Ströer in Krefeld.

In der Regel sind sie 3,60 Meter hoch und ihr Umfang beträgt 4,30 Meter. „Als das älteste Werbemedium in Deutschland hat die Litfaßsäule auch nach über 160 Jahren nicht an Bedeutung verloren und ist immer noch eines der beliebtesten Werbemedien“, sagt Alexander Stotz, CEO des Unternehmens.

Auch in Zeiten, in denen das Internet einen scheinbar immer größeren Raum einnimmt, scheinen die Betonsäulen trotzdem noch gefragte Werbeträger zu sein. Vielleicht weil sie angenehm greifbar sind, und trotz ihrer Präsenz an öffentlichen Plätzen und Straßen nicht halb so aufdringlich wirken wie die Werbung, die einen in digitalen Welten auf Schritt und Tritt verfolgt und einem auf jeder Seite grell und laut entgegenspringt.

„Ein gut gemachtes Plakat ist eine Bereicherung für den öffentlichen Raum“, sagt Richard Jung, Professor für Kommunikationsdesign an der Hochschule Niederrhein dazu. Große Konzerne und auch Unternehmen, die mit dem Internet Geld verdienen, würden wieder häufiger in den Straßen werben, um die Kunden „offline abzuholen“.

Es werde halt immer noch viel „analog geguckt“. Wichtig dabei: Ein Plakat müsse schnell und auf einen Blick funktionieren, um die Leute abzuholen.

„Bei unseren Programmplakaten weiß jeder direkt, dass sie von uns sind. Auch wenn man vielleicht nicht auf den ersten Blick alles lesen kann“, sagt Ulli Traub von der Kulturfabrik. Die Kufa nutze das Angebot der Kultursäulen regelmäßig. An 50 Säulen, in der Innenstadt und den Stadtteilen ist das für den Kulturverein kostenlos. Welchen Werbeeffekt das hat, sei schwer zu sagen, so Traub. Aber: „Wenn ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre und an der Ampel an der Ecke Grenzstraße/ Friedrich-Ebert-Straße stehe, schaue ich gerne über die dortige Litfaßsäule drüber.“

Gerade für kleinere Kulturbetriebe sei es wichtig, günstige Werbeflächen zur Verfügung zu haben, meint Anuschka Gutowski vom Theater hintenlinks. Was Marketingexperten „Medien-Mix“ nennen würden, umschreibt die Schauspielerin so: „Die Leute sehen etwas in Auslagen im Cafè, im Internet und dann auch in der Stadt. Alles zusammen hat dann den Effekt, dass sie vielleicht denken: Ach, das klingt interessant, da wollte ich doch hin“.

Das sieht Ulrich Cloos vom Stadtmarketing, welches die Plätze auf den Kultursäulen vergibt, ähnlich. „Online ist wichtig, aber kein Allheilmittel.“ Das Theater setze aus Kostengründen zurzeit weniger auf Plakatwerbung an den Säulen. Als gGmbH dürfe es die Kultursäulen nicht nutzen. „Da Säulen unglaublich teuer sind, sehen wir bis auf zwei Ausnahmen in letzter Zeit davon ab. Durch zielgruppenaffine Werbung auf Facebook, lässt sich mit wenig Geld schnell die Zielgruppe erreichen“, sagt Dirk Wiefel, Marketing-Referent.

Das Angebot der Kultursäulen finde er trotzdem wichtig, weil es informativ ist. „Sicherlich wäre es erfreulich, wenn alle Säulen in Krefeld Kultursäulen wären und diese abscheuliche Zigarettenwerbung aus unserer Stadt verschwindet“, so Wiefel.

Umstritten war kürzlich eine Litfaßsäule an der Siempelkampstraße. Kurz nachdem sie aufgestellt wurde, schaltete sich der Bürgerverein Inrath ein. Ergebnis: Die Säule muss verschwinden, weil sie Radfahrer und Fußgänger behindert.

Ob informativ, werbend oder störend - Litfaßsäulen werden weiterhin das Straßenbild prägen. Plakatwerbung sei schließlich „ein Sinnbild für Urbanität“, so Marketingexperte Richard Jung von der Hochschule Niederrhein.

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