70 Zuhörer diskutieren mit

Könnte der Mies van der Rohe Businesspark eine Alternative für das Seidenweberhaus sein? Hätte man das Kapuzinerkloster unter Denkmalschutz stellen müssen? Fragen, die das Publikum bewegen.

70 Zuhörer diskutieren mit
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Wird Krefeld zur „Donut-City“ — innen hohl und außen Schokolade — wenn das Seidenweberhaus als Veranstaltungshalle nicht mehr in der Innenstadt betrieben werden sollte? Diese Sorge treibt auch einige Besucher der aktuellen WZ-Veranstaltung „Krefeld hautnah“ um. Treffpunkt ist diesmal der Mies van der Rohe Businesspark im Nordbezirk. Das Kesselhaus, das auch als alternative Veranstaltungshalle im Gespräch ist, liegt in Sichtweite.

WZ-Redaktionsleiter Michael Passon will an diesem Abend mit den „interessierten Menschen vor Ort ins Gespräch kommen und Themen anpacken“. Der Wunsch wird ihm und der für den Bezirk Nord zuständigen WZ-Redakteurin Claudia Kook erfüllt.

Podiumsdiskussion „Krefeld hautnah“ Bezirk Nord
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Podiumsdiskussion „Krefeld hautnah“ Bezirk Nord

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70 Besucher zeigen Augenmerk und Achtsamkeit im Hinblick auf ihren Nordbezirk und seine Stadtteile Inrath und Kliedbruch mit Brauchtum und Historie, nehmen aber auch Anteil an der Zukunft der Gesamtstadt und üben nicht zu knapp Kritik an der Stadt, den „Immobilien-Vernichtern“, wie sie der Bezirksvorsteher Nord, Ralph-Harry Klaer (SPD) im Verlauf der Diskussion auch nennt.

Businesspark-Investor Wolf-Reinhard Leendertz kommt als Gastgeber jedoch vor ihm zu Wort. Er berichtet von der Entwicklung des Areals an der Girmesgath „Schritt für Schritt“, von „großem Zuspruch“, aber auch von Hindernissen seitens der Stadt: „Für jede Veranstaltung müssen wir eine Nutzungsänderung beantragen. Selbst wenn nur 40 Studenten auf 30 000 Quadratmetern ihre Exponate zeigen möchten, brauchen wir ein Konzept. Die Angst vor einem Unglück wie bei der Loveparade ist groß.“ Bezirksvorsteher Harry Klaer dazu: „Die Vorsicht ist berechtigt. Das kann man aber auf Dauer nicht so lassen.“

Leendertz plädiert mit dem Krefelder Architekten und Architekturpreisträger Georg von Houwald für das Kesselhaus als Veranstaltungshalle im Businesspark: „Es ist eine würdevolle Alternative. Wir können nach Veranstaltungen Botschafter in die Welt schicken, die gut über Krefeld berichten. Die Frage ist, ob die Leute eine schöne neue Halle am Theaterplatz wollen. Mehr Erfolg hat das Kesselhaus.“ Von Houwald findet auch, das alte Gebäude mit neuer Nutzung habe mehr Flair. Das Seidenweberhaus sei „fällig“.

Besucher Detlef von Hofe sagt dazu: „Man darf die Stadt nicht ausdünnen, die Innenstadt muss belebt werden.“ Gerda Rocker meint: „Die Fassade des Seidenwebehauses kann man Sandstrahlen, den Brandschutz erneuern. Man muss nachrüsten.“ Michael Stenders findet: „Es muss als Mittelpunkt erhalten bleiben, ein Neubau wird viel teurer. Man darf die Stadt nicht aushöhlen.“

Der Vorsitzende des Bürgervereins Kliedbruch, Peter Gerlitz, schlägt vor, im Kesselhaus gemeinsam mit der jungen Generation des Nordbahnhofs eine kleine Brauerei zu betreiben. „Die sind im Kommen. Genug Wasser haben wir ja, wenn die LEG die Grundwasserpumpen am Rislerdyk abstellt“, sagt er mit etwas bösem Lächeln. Leendertz erklärt, dass seiner Ansicht nach viele kleine Brauereien kommen werden, Chancen für eine große sieht er nicht.

An traditionsreicher Stätte auf dem ehemaligen Verseidag-Gelände nahm ein weiteres historisch bedeutsames Gebäude im Norden Raum in der Diskussion ein: das Kapuzinerkloster im Inrath. Mit diesem Gebäude steht ein viel älteres auf dem Prüfstand. Der Vorsitzende des Bürgervereins Inrath, Rolf Hirschegger, ist über den geplanten Teilabriss des Klosters fassungslos: „Erst hieß es, es bleibt, jetzt wird doch abgerissen, weil es keinen Denkmalschutz hat. Das Gebäude hat eine 120-jährige Geschichte, die kann man nicht neu bauen. Die Pater haben viel für den Stadtteil getan.“

Vertreter der Krefelder Firmengruppe Siempelkamp sind seit 2011 Eigentümer des 11 400 Quadratmeter großen Areals. Das Unternehmen will ein Tagungszentrum für 200 Teilnehmer mit Möglichkeiten zur Bewirtung errichten. Dazu muss das Gästehaus von 1892 abgerissen werden.

Hirschegger erklärt, dass Siempelkamp zwar Bestandteil des Stadtteils sei, das Problem jedoch wäre, dass die Gespräche schwieriger würden. „Sie sagen: ,Wir sind hier, ihr müsst uns akzeptieren.‘ Lärm und Schmutz lassen sich vermeiden, doch sie reagieren nicht mehr.“ Als Konsequenz soll nun kein Siempelkamp-Vertreter mehr mit in den Vorstand des Bürgervereins Inrath berufen werden.“

Besucherin Karin Scheer meldet sich zu einem anderen Problem zu Wort, das das Unternehmen betreffe. Sie berichtet: „Die Leute haben Angst, dass der Infraschall der Firma Siempelkamp sie krank macht. 70 bis 80 Menschen sind schon deshalb weggezogen. Es tritt immer ab 24 Uhr bis zum Morgen auf.“ Hirschegger sagt: „Das muss geregelt werden.“ Er verweist allerdings auf die Grenzwerte, die nicht überschritten würden.

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