Historie 30 Jahre Mauerfall – eine Bilanz unter Freunden

Krefeld · WZ-Serie Zeitzeugen berichten, wie der Mauerfall direkte Auswirkungen auf ihr Leben hatte. In der kommenden Woche blicken wir auf die Partnerschaft der Stadt Krefeld mit dem Kreis Beeskow (heute: Landkreis Oder-Spree).

 Hunderte von Menschen auf der Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor feiern in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989.

Hunderte von Menschen auf der Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor feiern in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Der 9. November 1989 nimmt in der deutschen Geschichte einen ganz besonderen Platz ein. Am Abend dieses Tages fiel die Berliner Mauer – das Ende des Eisernen Vorhangs war besiegelt, ein Jahr später war Deutschland wieder vereint. Auch in Krefeld ist dieses Ereignis unvergessen geblieben – nicht zuletzt auch, weil die Großstadt tief im Westen der alten Bundesrepublik bereits im September 1990 eine Partnerschaft mit dem brandenburgischen Kreis Beeskow (heute: Landkreis Oder-Spree) ganz im Osten der ehemaligen DDR besiegelte.

„Wenn ich heute die Augen schließe, sehe ich immer noch die Bilder von feiernden Menschen am Brandenburger Tor und von klapprigen Trabis, die über die Grenze rollen“, berichtet Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer. Der heutige Oder-Spree-Landrat Rolf Lindemann, der aus Neustadt an der Weinstraße stammt, bekam die Ereignisse in Speyer mit, wo er zu dieser Zeit die Verwaltungshochschule besuchte. „Wie gebannt verfolgten wir am 10. November die Fernsehbilder vom ,Ausnahmezustand’ in Berlin. Und ich kann nicht verhehlen, dass das Glück, welches diese Bilder ausstrahlten, als Gefühl auf mich übergriff.“

 Mit ihrem Trabi fährt diese Familie am 10. November 1989 über den Grenzübergang Helmstedt.

Mit ihrem Trabi fährt diese Familie am 10. November 1989 über den Grenzübergang Helmstedt.

Foto: dpa/Holger Hollemann

In einer kleinen Serie wollen wir ab heute bis zum 9. November an die damaligen Ereignisse erinnern. Wie kamen die Kontakte zwischen Krefeld und Beeskow vor 30 Jahren zustande? Was genau bedeutete die Partnerschaft in den Anfangsjahren? Wie gut (oder schlecht) sind die Beziehungen zwischen den „Ossis“ und den „Wessis“ heute? Und wie sehen die Erwartungen an die Zukunft aus?

Gesprochen haben wir unter anderem mit Udo Mühlenhaus, Mitarbeiter der Krefelder Stadtverwaltung. Er gehörte mit zu dem Team aus dem Westen, das nach dem Mauerfall im Kreis Beeskow die Verwaltung nach BRD-Maßstäben aufgebaut hat. Dafür wurde in der Kreisstadt eigens ein „Krefeld-Büro“ eingerichtet. Es wurde Anlaufstelle nicht nur für Verwaltungskräfte, sondern für alle interessierten Bürger.

 Mit Beeskow (dem heutigen Landkreis Oder-Spree) verbindet die Stadt Krefeld seit 1990 eine Partnerschaft.

Mit Beeskow (dem heutigen Landkreis Oder-Spree) verbindet die Stadt Krefeld seit 1990 eine Partnerschaft.

Foto: wz/nickel

Udo Mühlenhaus wollte drei Tage bleiben – es wurden acht Jahre

Ursprünglich wollte Udo Mühlenhaus nur drei Tage in Beeskow bleiben – am Ende wurden acht Jahre daraus. Aus dem einfachen Sachbearbeiter bei der Krefelder Stadtkasse wurde im Osten der Kassenleiter des alten Kreises Beeskow und nach einer Gebietsreform der stellvertretende Kassenleiter mit dem Verantwortungsbereich Vollstreckung im neuen Landkreis Oder-Spree. „Diese Aufstiegschance hätte ich hier nie gehabt“, sagt der Beamte im Rückblick.

Einen anderen Weg ist Frank Steffen, heutiger Vorsitzender der SPD Oder-Spree, gegangen. Zum Zeitpunkt des Mauerfalls war er 18 Jahre alt und machte gerade in Eisenhüttenstadt eine Berufsausbildung zum Instandhaltungsmechaniker mit Abitur.

Die legendäre Pressekonferenz von Günter Schabowski am Abend des 9. November 1989, bei der dieser als Sekretär für Informationswesen des SED-Zentralkomitees neue Regelungen für DDR-Bürger für Reisen ins westliche Ausland verkündete, verfolgte er daheim auf seinem russischen Schwarz-Weiß-Fernseher. „Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, was das bedeutet“, erinnert Steffen sich. Dass wenig später ein Massenansturm von Bürgern auf die Mauer einsetzte, weshalb überforderte Grenzer schließlich die Schlagbäume öffneten, hat er glatt verschlafen.

1990 gehörte Steffen zu den Mitgründern der SPD in Beeskow. Nach der ersten freien Kommunalwahl im Osten wurde er der jüngste Kreistagsabgeordnete. Er studierte von 1991 bis 1995 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Düsseldorf und machte in dieser Zeit ein Praktikum bei der Stadtverwaltung in Krefeld. Seit 2010 ist er Bürgermeister der Kreisstadt Beeskow, aus der er auch stammt.

Mit Gastbeiträgen zu Wort kommen außerdem Landrat Rolf Lindemann (SPD) sowie Frank Meyer (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Krefeld.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort