Auch Kritik von Familienminister Stamp Kinderschutzbund kritisiert Urteil im Missbrauchsfall Lügde

Detmold · Das Landgericht Detmold hat im Missbrauchsfall Lügde einen Mann zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Urteil sorgt für Kritik.

 Der 49-Jährige soll von 2010 bis 2011 an mindestens vier Webcam-Übertragungen beim Missbrauch von Kindern auf dem Campingplatz bei Lügde teilgenommen haben.

Der 49-Jährige soll von 2010 bis 2011 an mindestens vier Webcam-Übertragungen beim Missbrauch von Kindern auf dem Campingplatz bei Lügde teilgenommen haben.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Deutsche Kinderschutzbund kritisiert das erste Urteil im Missbrauchsfall Lügde. Das Landgericht Detmold hatte am Mittwoch einen Mann aus Niedersachsen zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Landesgeschäftsführerin des Kinderschutzbundes wollte die Entscheidung des Gerichts zwar nicht juristisch bewerten, äußerte aber Zweifel an der Richtigkeit. Es stelle „sich die Frage, wie das Urteil auf andere Täterinnen und Täter wirkt, die kinderpornografisches Material besitzen oder zu sexueller Gewalt anstiften. Ich bin nicht sicher, ob dieses Signal wirklich abschreckend genug ist“, sagte Krista Körbes.

Der 49-Jährige aus Stade hatte vor über acht Jahren per Webcam in vier Fällen den sexuellen Missbrauch eines Kindes beobachtet und einen Mitangeklagten auch angestiftet. Nach einer mehrmonatigen Untersuchungshaft verließ der Verurteilte am Mittwochabend das Gericht als freier Mann.

Familienminister gegen Bewährungsstrafe für Missbrauch in Lügde

Das erste Urteil mit Bewährungsstrafe im Missbrauchsfall Lügde zeigt aus Sicht des nordrhein-westfälischen Familienministers Joachim Stamp (FDP) Rechtslücken. „Das Strafrecht reicht hier nicht aus“, kritisierte Stamp am Donnerstag in Düsseldorf. „Es kann nicht sein, dass es bei einem solchen Vergehen, was Leben zerstört, eine Bewährungsstrafe geben kann.“ Der FDP-Politiker wollte das jedoch nicht als Gerichtsschelte verstanden wissen.

Die Staatsanwaltschaft Detmold hat noch keine Entscheidung getroffen, ob das Urteil durch den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe überprüft werden soll, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten beantragt. Die Grenze für eine Bewährungsstrafe liegt bei zwei Jahren. Nach Auskunft des Verteidigers von Heiko V., Jann Popkes, werde er für seinen Mandanten keine Revision beantragen.

Das Landgericht setzt den Prozess gegen die beiden Hauptangeklagten, die über Jahre mehr als 40 Kinder auf dem Campingplatz an der Landesgrenze zu Niedersachsen hundertfach missbraucht haben sollen, am 1. August fort.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort