Kampfabstimmung in der Ostermann-Arena SPD entzieht Berghaus und Ippolito die Macht

LEVERKUSEN · Die Delegierten wendeten sich gegen das bisherige Führungspersonal. Der Wahlschlappe war seit langem die Spaltung der Partei vorausgegangen. Milanie Hengst ist designierte Fraktionschefin. Ippolito und Berghaus treten nicht mehr an.

 Peter Ippolito „ergibt“ sich: Er schritt am Samstag mit erhobenen Händen durch den Saal.

Peter Ippolito „ergibt“ sich: Er schritt am Samstag mit erhobenen Händen durch den Saal.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Der US-amerikanische Politthriller „House of Cards“ ist nichts gegen das, was sich am Samstag bei der Wahlkreiskonferenz in der Ostermann-Arena abspielte. Dort erlebte die SPD eine Kampfabstimmung sondergleichen, die durchaus als Richtungswahl für die Ratsfraktion der SPD und die Sozialdemokratie zu werten ist und in die Annalen der Leverkusener Partei eingehen dürfte. Zuvor hatte das Team um Milanie Hengst, Dirk Löb und Aylin Dogan eine Liste mit Gegenkandidaten aufgeboten, um sämtliche Wahlkreise innerhalb von vier Stunden zu kapern und mit eigenen Kandidaten zu besetzen. Mit der Folge, dass selbst Fraktionsvorsitzender Peter Ippolito plötzlich ohne politischen Auftrag stand, nachdem er seinen Wahlkreis Alkenrath/Schlebusch-West mit 31 zu 47 Stimmen an Kontrahent Michael Hüther verloren hatte.

Ebenso erging es Jonas Berghaus, dem Parteivorsitzenden, der im letzten September plötzlich und unerwartet an die Macht gekommen war. Kontrahentin Laura Willsch ließ ihn im Wahlkreis Manfort mit 45 zu 32 Stimmen deutlich hinter sich. Insgesamt 80 Delegierte beteiligten sich an dem Misstrauensvotum. Unmittelbar nach der Wahlschlappe signalisierten beide Männer, zur Kommunalwahl 2020 ständen sie „nicht für eine Kandidatur auf der Liste der SPD Leverkusen“ zur Verfügung. Deren Parteifreunde Didem Adib (Wiesdorf Süd), Ali Adib (Rheindorf-Nord), Martin Krampf (Bürrig) und Rogerio Pires (Schlebusch) schlossen sich dem Verzicht an.

Eigentlich hätten sich Hengst und Co. danach entspannt zurücklehnen können. Doch im Anschluss an diese Zäsur war ihnen weder nach Euphorie noch nach Jubel zumute.

„Ich bin erleichtert, dass wir es geschafft haben, aber ich weiß auch, welche Erwartungen an uns gestellt werden“, sagte Hengst, die Spitzenkandidatin und designierte Fraktionsvorsitzende. Vordergründig sei, keine schmutzige Wäsche zu waschen, sondern Brücken zu bauen, um wieder für Politik begeistern zu können.

„Das Unvermeidbare ist passiert“, urteilte Dirk Löb. „In der letzten Zeit haben wir vermehrt reagiert, statt agiert. Um vernünftige Ratsarbeit zu gewährleisten, brauchen wir eine starke Mannschaft mit fachlichen Qualitäten“, fügte der Ratsherr und stellvertretende Fraktionsvorsitzende hinzu. „Alles hat nach Plan geklappt“, kommentierte Ex-Parteichefin Aylin Dogan und zitierte den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt mit den Worten: „In der Krise zeigt sich der wahre Charakter.“

Tiefe Enttäuschung dagegen bei Peter Ippolito nach acht Jahren im Führungsamt: „Es war eine demokratische Wahl, das Ergebnis muss ich akzeptieren. Nur: Wer Dame und Turm opfert, muss verflixt viele Bauern haben.“

Jonas Berghaus – eingangs sprach er von Boykott der Listenkommission, Diffamierungen und Doppelmoral, später auch von „Ausleben von Hass und Rache“ sowie „Machtgeilheit“ einzelner Genossen – erklärte das Geschehen so: „Es war ein großer politischer Fehler. Es überbietet alles, was wir bis jetzt gesehen haben.“

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