Kampf gegen Clankriminalität Sind Barbershops die neuen Shishabars?

Düsseldorf · In Essen öffnen binnen kürzester Zeit 20 neue Barbershops. Der Verdacht: Diese könnten den kriminellen Großfamilien als neue „Rückzugsorte“ dienen. Die SPD will von der Landesregierung nun wissen, welche Erkenntnisse die Staatsanwaltschaft dazu hat.

 Bei Razzien kontrollieren Polizei und Stadt im Ruhrgebiet immer wieder Läden, vor allem Shishabars wie hier Anfang 2019 in Bochum. Jetzt rücken Barbershops als mögliche Treffpunkte der Clan-Mitglieder in den Fokus.

Bei Razzien kontrollieren Polizei und Stadt im Ruhrgebiet immer wieder Läden, vor allem Shishabars wie hier Anfang 2019 in Bochum. Jetzt rücken Barbershops als mögliche Treffpunkte der Clan-Mitglieder in den Fokus.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Kampf gegen Clankriminalität wird in dieser Woche wohl einmal mehr Thema im nordrhein-westfälischen Landtag. Die SPD-Abgeordnete Sonja Bongers stellt für den Rechtsausschuss am Mittwoch eine Dringliche Frage und will wissen, welche Erkenntnisse die Staatsanwaltschaften über die Verbindungen von Barbershops im Ruhrgebiet zu den arabischstämmigen Familienclans haben.

Entscheidend, um die Barbershops in den Blick zu rücken, waren laut einer Polizeisprecherin in Essen Ermittlungsergebnisse aus Berlin – einer weiteren Clan-Hochburg –, wo nach einer Razzia zwei von 14 Lokalen wegen Verbindungen zu kriminellen Clans geschlossen wurden. „Wir sind in engem Austausch mit Berlin“, erklärt sie.

20 neue Barbershops in Essen

Bei den Nachforschungen habe sich gezeigt, dass in den besonders belasteten Stadtteilen Essens ebenfalls binnen kürzester Zeit 20 neue Barbershops geöffnet hätten. Der Verdacht: Diese könnten den kriminellen Großfamilien als neue „Rückzugsorte“ dienen – speziell nachdem die Behörden die bisher als Treffpunkte bekannten Shishabars stark im Fokus hatten. „Wir stehen aber noch ganz am Anfang und betreiben Aufklärungsarbeit“, so die Sprecherin.

Die Opposition verfolgt die Razzien im Rahmen der Null-Toleranz-Strategie der Landesregierung allerdings schon länger skeptisch. Gegenüber dem „Spiegel“ sprach SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty jetzt von „medienwirksamen Inszenierungen“. Er warf Innenminister Herbert Reul (CDU) vor, mit den Maßnahmen gegen Barbershops Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren, und forderte, die Faktenlage transparent zu machen. Ob es dazu im Rechtsausschuss viel zu sagen gibt, ist nach den Äußerungen der Polizei vor Ort aber fraglich.

„Druck auf Clans muss aufrecht erhalten werden“

CDU-Fraktionsvize Gregor Golland stellte sich am Montag hinter das Vorgehen der Clan-Ermittler und des Ministeriums: „Es zeigt sich immer wieder: Die Clans sind erfinderisch. Sobald das eine ,Modell Shishabars’ nicht mehr funkioniert, suchen sie sich eine neue Lücke.“ Der Druck müsse aufrecht erhalten werden. Dass die Justizbehörden dabei erfolgreich seien, zeigten aktuelle Zahlen: Allein in den Clan-Hochburgen Duisburg und Essen führten die ab Mitte 2018 eingesetzten Schwerpunkt-Staatsanwälte schon 883 Ermittlungsverfahren gegen kriminelle Familienverbände.

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