Justizvollzugsschule ist erhaltenswert

zu: Justizvollzugsschule auf der Hardt

 Die Stadt Wuppertal möchte das Gebäude der ehemaligen Justizvollzugsschule auf der Hardt abreißen lassen. 

Die Stadt Wuppertal möchte das Gebäude der ehemaligen Justizvollzugsschule auf der Hardt abreißen lassen. 

Foto: Schwartz, Anna (as)

Der Ratsbeschluss zum Abriss der Justizvollzugsschule auf der Hardt könnte sich noch als schwerer Fehler erweisen. Frau Sieglinde Kaßbaum hat mit ihrem Leserbrief in der WZ vom 10. August über die historische Bedeutung dieses Gebäudes und dessen ideelem Wert berichtet, dem ich mich ausdrücklich anschließe. Man braucht sich nur die Gestaltung der Originalfenster auf der Rückseite anzugucken, um zu erkennen, dass es sich hier um einen zu seiner Zeit in architektonischer Hinsicht sehr modernen Hochschulbautypus handelt, der als ein Beispiel des Bauens in den Fünfzigern unbedingt erhaltenswert ist.

Das Ganze möchte die Stadt nun abreißen und einen temporären Ersatz für die Sanierung der Schulen Siegesstraße und Else Lasker-Schüler mit Hilfe von Containern oder Fertigteilbauten, weil nicht dauerhaft ortsfest, schaffen. Unabhängig davon, ob nach einem Abriss Container oder Fertigteilbauten als Übergangslösung aufgestellt werden, haben diese nie die positiven bauphysikalischen Eigenschaften des vorhandenen Massivbaus. Man mag zwar Container und auch Fertighäuser dämmen können, aber gegen die bei uns immer häufiger auftretenden Hitzeperioden helfen nur Materialien mit hoher Dichte wie zum Beispiel Mauern aus Steinen.

Jeder, der heute in einem noch so gut gedämmten Dachgeschoss wohnt, wird bestätigen können, dass er zur Zeit vor der Hitze nur noch in den Keller fliehen kann. Die zukünftigen Schüler in den Containern werden sich auf ein unerträgliches Klima gefasst machen müssen. Gemeinhin sind Schulen kein Ort der Ruhe. Um bautechnisch Lärm vorzubeugen, benötigt man jedoch ausreichend Masse, über die nur Steinbauten verfügen können. Ein ungestörtes Lernen wird für die zukünftigen Schüler in Containern nicht möglich sein.

Setzt man eine annähernd vergleichbare Bauzeit wie die des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums von vier Jahren an, so bedeutet dies für beide Schulen eine Bauzeit von ca. acht  Jahren. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Umbauarbeiten im Bestand der Zeitrahmen in der Regel überschritten wird. Für den Fall einer Mietlösung bei den Containern bedeutet dies, dass diese gegebenenfalls auch wesentlich länger angemietet werden müssen mit nicht im Voraus zu kalkulierenden zusätzlichen Mietkosten. Die Stadt sollte sich sehr gut überlegen, ob sie dieses Wagnis eingehen möchte.

Neben dem Hauptgebäude verfügt die Schule noch über mehrere Nebengebäude, eine Turnhalle und einen Hörsaal. Allein dieses für die Schüler großartige Angebot an Raum durch „fliegende Bauten“ unter zumutbaren Kosten mit Hilfe von Containern ersetzen zu können, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Frau Kaßbaum bittet die Stadtverwaltung völlig zurecht um eine genauere Darstellung darüber, warum ein Wasserschaden den Abriss des gesamten Gebäudekomplexes notwendig machen soll. Dies kann nur der Fall sein, wenn der überwiegende Teil der Fundamente durch das Hochwasser unterspült worden sein sollte, ist jedoch extrem unwahrscheinlich. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass in Gutachten Schäden dramatisiert und hochgerechnet werden, je nachdem wie der Auftraggeber es wünscht.

Ich habe den Eindruck, dass die Gründe für den Ratsbeschluss nicht genügend durchdacht sind und möchte den Rat bitten, die genauen Gründe für seine Entscheidung gegenüber der Öffentlichkeit offenzulegen.

Bernd Böker, per E-Mail

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