Immobilien in der Corona-Krise „Es wird ein Umdenken geben“

Düsseldorf. · Die Schockwellen, die die Corona-Pandemie in vielen Wirtschaftsbereichen ausgelöst hat, sind im Immobiliensektor noch nicht zu spüren. Experten rechnen zwar nicht mit sinkenden Preisen, hoffen aber auf einen faireren Wettbewerb

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Foto: Getty Images/iStockphoto/bagotaj

Die Coronakrise hat das Wirtschaftsleben in weiten Teilen des Landes lahmgelegt. Auch die Immobilienbranche bekommt die Folgen der Pandemie bereits zu spüren. Allerdings, das ist die gute Nachricht, blieb der große Einbruch auf der Nachfrage-Seite bislang aus. Ob das so bleibt, ist die große Frage.

Mark Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien, ist da wenig optimistisch. „Der Einzelhandelsmarkt ist zum Erliegen gekommen, wovon sich die auf hohe Umschlagquoten angewiesenen Mode- und Beautyindustrien nur schwer erholen werden.“ Gleiches gelte für den Hotelmarkt. „In beiden Assetklassen ist von Mietausfällen, Pachtreduktionen, sinkenden Transaktionsvolumina und höheren Risikoprämien auszugehen.“

Auch Anmietungsentscheidungen von Büroflächen seien größtenteils zunächst auf Eis gelegt. Der Experte ist überzugt: „In diesem Segment wird es ein nachhaltiges Umdenken geben.“ Der Bedarf an Büroflächen werde sich unter anderem aufgrund der höheren Akzeptanz von Homeoffice-Lösungen und digitalen Meetings nachhaltig verändern, meint Aegevelt. Auf dem Investmentmarkt führten diese Trends bereits zu erkennbar verlängerten Investmententscheidungen und Portfolio-Neubewertungen. Aktuell sei auch davon auszugehen, dass sich sowohl die gewerblichen als auch wohnwirtschaftlichen Neubautätigkeiten mittelfristig deutlich reduzieren.

Eine aktuelle Umfrage des Dienstleisters Colliers, der sich auf Gewerbeimmobilien spezialisiert hat, gibt jedoch Grund zur Hoffnung. Rund zwei Drittel der 65 befragten Top-Entscheider der Branche gaben an, dass sie auch weiterhin Ankäufe von Gewerbeimmobilien tätigen. Knapp die Hälfte plane, zu günstigeren Konditionen zu investieren, 14 Prozent hätten zurzeit ihre Ankaufsprozesse gestoppt. „Büroimmobilien sind weiterhin die beliebteste Assetklasse der Investoren“, sagt Herwig Lieb, Geschäftsführer von Colliers International Deutschland. Neun von zehn Befragten kaufen diese nach wie vor ein, heißt es in der Studie. Auch Wohnimmobilien zeigen in der derzeitigen Situation erneut ihre Krisenbeständigkeit, sagt Lieb. Er rechnet damit, dass die Transaktionen an Wohn- und Geschäftshäusern in Köln und Düsseldorf nur marginal zurückgehen werden. Das sei auch bei großen Krisen wie etwa der Lehmann-Pleite oder dem 11. September nicht anders gewesen. Selbst der schwierigere Markt der Hotelimmobilien habe sich danach immer zeitnah wieder erholt.

Für Alexander Schmitz, Geschäftsführer der INTERBODEN Innovative Lebenswelten GmbH und Co.KG, steht allerdings außer Frage: „Wenn sich die Coronakrise nachhaltig negativ auf die Gesamtwirtschaft auswirkt und Arbeitsplätze verloren gehen, wird das auch Rückwirkung auf den Immobilienmarkt und die Zahlungsbereitschaft unserer Kunden haben.“ Wenn die Anzahl der Käufer sinke, werde sich das natürlich auch auf die Preise auswirken. Schmitz sei guter Hoffnung, dass die wirtschaftlichen Maßnahmen der Bunderegierung greifen. Fakt sei: „Wohnraum wird weiter ein knappes Gut insbesondere in den Ballungszentren sein.“

Dass Corona den angespannten Markt wieder beruhigt und die Preise gar nach unten drückt, sehen Experten derzeit nicht. „Dafür ist die Nachfrage in allen Preissegmenten weiterhin zu hoch“, sagt Holger Knille, Leiter Immobilienfinanzierung der Sparkasse Düsseldorf. Ein Einbruch im Kundengeschäft sei aus siener Sicht  nicht zu erkennen: „Wir registrieren eher noch eine verstärkte Nachfrage, weil die Immobilie als Anlageform gerade in Krisenzeiten immer wichtiger wird.“

Mark Aengevelt sieht nach der Krise durchaus neue Chancen für die Branche. Der Markt werde bereinigt und die Spekulanten zurückgedrängt: „Banken werden die Nachhaltigkeit und Qualität einer Investition, aber auch wieder die des dazugehörigen Käufers genauer prüfen. Es wird wieder verstärkt auf die tatsächliche Immobilien-Expertise ankommen. Der Immobilienprofi schlägt in der Zeit nach Corona wieder den Finanzierungshai. Das war zuletzt oftmals andersrum. Das richtige Produkt in den Händen des Spezialisten, das kann nur positiv sein.“

Der Experte rechnet auch mit einer Beruhigung auf dem Wohnungsmarkt. „Wir gehen davon aus, dass die Eigentumswohnung wieder weniger als Spekulationsobjekt dient. Die Folge ist eine gesunde Kauf- und Mietpreisregulierung am Markt. Nicht unbedingt in Form massiver Kaufpreisreduzierungen, jedoch ist der Wettbewerb für den Endverbraucher wieder fairer.“ Eigenkapital habe so wieder einen höheren Gegenwert. „Auch dadurch erhöht sich der Fokus bei Bauträgern wieder auf die Bedürfnisse der Kunden.“ Durch die aktuelle Situation würden Transaktionsentscheidungen sorgfältiger und idealerweise durch Immobilien-Experten getroffen. Aengevelt ist überzeugt: „Eine Immobilie bleibt als langfristige Kapitalanlage oder zur Eigennutzung eine krisensichere Anlage.“ Im Vergleich zu anderen Anlageklassen seien „die Wertstabilität, aber auch die Volatilität einer gesunden Immobilienanlage, also das Risiko-Gewinnverhältnis, unübertroffen“.

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