Immer mehr Fälle in NRW Klagen bei Flugverspätungen - „Möglichkeit hat sich rumgesprochen“

Düsseldorf · Startet die Maschine deutlich zu spät oder fliegt sie gar nicht, haben Fluggäste Anspruch auf Entschädigung. Inzwischen klagen immer mehr Passagiere dieses Geld ein. Und der Zuwachs könnte weitergehen.

 Ein Schlafender Passagier am Flughafen.

Ein Schlafender Passagier am Flughafen.

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Immer mehr Fluggäste klagen vor nordrhein-westfälischen Gerichten auf Entschädigungen für verspätete oder ausgefallene Flüge. Nachdem schon im vergangenen Jahr die Zahl der bei den Amtsgerichten an den Flughafenstandorten eingereichten Klagen nach oben geschnellt war, gab es in diesem Jahr einen weiteren deutlichen Anstieg. „Die Klagemöglichkeit hat sich rumgesprochen“, sagte der Sprecher des Kölner Amtsgerichts, Wolfgang Schorn, zu den ständig wachsenden Fallzahlen.

Beim Amtsgericht Düsseldorf waren bis Ende August schon rund 13 600 Klagen aus dem Tourismusbereich eingegangen, mehr als im gesamten Vorjahr, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Für das gesamte Jahr 2019 rechnet das für den größten NRW-Flughafen zuständige Amtsgericht mit gut 20 000 Klagen aus diesem Bereich. Damit hätte sich die Zahl der Klagen von Fluggästen und Pauschalreisenden innerhalb von nur zwei Jahren fast vervierfacht.

Beim Ausfall eines Fluges oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden steht Reisenden nach EU-Recht eine Entschädigung zu - je nach Flugdistanz 250 Euro bis 600 Euro. Es sei denn, die Airline kann „außergewöhnliche Umstände“ für Verspätung oder Flugausfall geltend machen.

Auch in Köln hatte die Zahl der neuen Zivilverfahren, zu den die Klagen von Fluggästen gehören, Ende August mit insgesamt rund 16 400 bereits das Niveau des gesamten Vorjahres erreicht. Etwa 65 Prozent dieser Zivilklagen kommen nach Schorns Angaben aus dem Flugbereich. Für das Gericht hätten die Flugfälle zu einem erheblichen Arbeitsanstieg geführt, „und zwar nicht nur für die Richter“.

Auch bei den für die kleineren NRW-Flughäfen zuständigen Amtsgerichten stapeln sich inzwischen die Fluggastklagen. Das Amtsgericht Geldern, an das sich Passagiere wenden müssen, die von und nach Weeze fliegen, rechnet bis zum Jahresende mit gut 2000 Fällen. Im vergangenen Jahr waren es 840. In Dortmund waren es bis Ende September fast 1000 Klagen, eine Verdoppelung gegenüber dem gesamten Vorjahr.

Der Deutsche Richterbund (DRB) verfolgt den Anstieg bei den Klagen von Fluggästen mit Sorge. „Die Masse der Fälle führt dazu, dass andere Aufgaben in den Gerichten liegen bleiben“, hatte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn kürzlich geklagt. Zwar handele es sich häufig um Bagatellverfahren, die sich ohne Streit erledigen ließen. Teilweise würden die Streitigkeiten „aber mit zunehmender Härte geführt“.

Nach einer Umfrage der Deutschen Richterzeitung erwarten die Amtsgerichte an den 15 größeren Flughafenstandorten in Deutschland rund 90 000 Fluggastfälle in diesem Jahr - doppelt so viele wie 2018. Und der Zuwachs dürfte weitergehen, „weil Rechtsdienstleister über Portale im Internet derzeit massiv um neue Mandate betroffener Flugkunden werben“, erwartet Rebehn.

„Die Anzahl der Flugprobleme steigt“, betont der auf Schadenersatzklagen spezialisierte Dienstleister EUClaim. Im vergangenen Jahr habe es so viele Verspätungen, Annullierungen und andere Missstände gegeben wie nie. Hinzu komme, dass die Fluggastrechte durch die zunehmende Berichterstattung bekannter würden. „In der Vergangenheit wussten viele Fluggäste nicht mal, dass ihnen eine Entschädigung zustehen könnte„, sagte ein Sprecher. EUClaim ist nach eigenen Angaben in Deutschland in diesem Jahr bislang von rund 12 000 Fluggästen mit der Einforderung von Entschädigungen beauftragt worden.

(dpa)
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