offen gessagt Vertrauen ist gut

Die Sache ist eigentlich schon schlimm genug. Aber irgendwie gibt es Kräfte in Wuppertal, die eine helle Freude daran zu haben scheinen, alles noch schlimmer zu machen.

Es geht natürlich um die Schwebebahn. Doch die Pannenserie im schier endlosen Neubau des Wahrzeichens und Verkehrsmittels ist nur ein Synonym für so vieles, was in dieser Stadt leider in die vollkommen falsche Richtung läuft. Selbstverständlich ist Ursachenforschung das Gebot der Stunde, und natürlich ist die Frage erlaubt, wer da wann nicht richtig hingeschaut, nicht richtig nachgeforscht und womöglich in den schlechtesten Momenten mit dem Kopf genickt hat. Aber warum erst jetzt? Und warum nur im Fall Schwebebahn? Was ist mit der Mauer am Döppersberg, die vor den Augen der vermeintlichen Fachleute im Rathaus grottenschlecht und unter Umgehung aller Regeln der Handwerkskunst zusammengeschustert worden ist? Was ist mit dem im wahrsten Sinne des Wortes auf Salz gebauten ESW-Palast am Klingelholl? Wie bitte? Alles die anderen Schuld? Erst einmal ein Gutachten? Natürlich. Warum auch nicht? Dann wird die Sache zwar auch nicht besser, dafür aber noch teurer. Egal, der Bürger bezahlt es ja. Entweder mit seinen Steuern oder mit seinen Gebühren.

Schwebebahn, Mauer, Klingelholl - die Rede ist hier nicht von ein paar Euro. Es geht um Millionen. Im Falle der Schwebebahn droht der Albtraum, dass sie ihr Depot womöglich nie mehr verlässt, wenn nicht irgendwer den Grund dafür findet, dass an Wagen und Gerüst anscheinend nicht zusammenpasst, was planmäßig zusammengehört.

All das geschieht, und es geschieht immer wieder, nicht nur in Wuppertal, sondern in fast jeder Stadt. Aber wen zwischen Vohwinkel und Beyenburg soll das trösten? Und wer beendet dieses Elend endlich? Wer sagt dem Aufsichtsrat der Stadtwerke, dass er Aufsicht üben muss? Wer sagt dem zuständigen Dezernenten im Rathaus, dass Bürgerideen wie die von der grünen Mauer am Döppersberg zumindest geprüft werden müssen und nicht von vornherein mit „geht nicht“ zu den Akten gelegt werden dürfen? Wer schaut bei den städtischen Tochtergesellschaften so genau hin, dass irgendwelche Wolkenkuckucksheime nicht auf Salz gebaut werden? Bisher Niemand.

Dabei gäbe es ein Gremium, das grundsätzlich immer zuständig ist. Es nennt sich Stadtrat, ist im eigentlichen Sinne kein Parlament, sondern ein Kontrollgremium für die Arbeit der Verwaltung und mittelbar auch für das Wirken der städtischen Tochtergesellschaften. Anscheinend haben die Mandatsträger das in den vergangenen Jahren vergessen. Seit der Kommunalwahl 2015, spätestens aber seit dem Ende der sogenannten GroKo aus SPD und CDU ist der Rat zum parteipolitischen Therapiezentrum verkommen. Die SPD mutiert mehr und mehr zur beleidigten Leberwurst, die CDU verläuft sich auf der Suche nach sich selbst sogar noch in der eigenen Hosentasche, die Grünen glauben übers Wasser gehen zu können, die FDP hat unter lautem Gebrüll den Weg zur Selbstverzwergung schon hinter sich gebracht und mit dem Rest im Rat ist erst recht kein Staat zu machen. Jede noch so gute Idee verfängt sich schnell im Ideologiegestrüpp von Bundestagsdarstellern.

Das Ergebnis der Selbstbeschäftigung ist, dass im Rathaus der Schwanz mit dem Hund wedelt, dass die Schwebebahn erfolglos bald in ihr 26. Sanierungsjahr geht, und dass am Klingelholl eine millionenschwere Bauruine steht. Wohl dem, der sich das leisten kann. Wuppertal gehört leider nicht dazu. Deshalb ist es höchste Zeit, dass der Stadtrat, dass die seriösen Kräfte unter den Mandatsträgern schnell wieder zu ihrer angestammten Arbeit zurückfinden. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wenn das aktuelle Gremium dazu nicht im Stande ist, dann hat der Bürger am 13. September immer noch die Wahl, es neu zusammen zu setzen. Denn spätestens angesichts von Schwebebahn, Mauer und Klingelholl ist unübersehbar, wie wichtig Kommunalpolitik ist und wie schädlich sie sein kann, wenn sie Leuten überlassen wird, die anscheinend aufgehört haben, kritisch denkende und entschieden ideologiefrei handelnde Begleiter der Entwicklung Wuppertals zu sein.

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