Hoppeditz erwacht So war mein Einstieg in den Düsseldorfer Karneval

Düsseldorf · Wer oder was ist Hoppeditz? Wie man den Düsseldorfer Karneval als Einsteiger erlebt. Routinierte haben Tipps parat. Ein Erfahrungsbericht.

 In Düsseldorf kennen alle den erwachten Hoppeditz. An seiner bundesweiten Bekanntheit kann er noch arbeiten.

In Düsseldorf kennen alle den erwachten Hoppeditz. An seiner bundesweiten Bekanntheit kann er noch arbeiten.

Foto: dpa/Federico Gambarini

„Hoppeditz erwache!“ schallt es über den Düsseldorfer Marktplatz. Und dann öffnet sich langsam ein riesiger Senftopf. Hoppeditz. Was ein Wort. Es gibt Wörter, die amüsieren mich, und welche, die lösen bei mir Peinlichkeit aus. Hoppeditz  war anfänglich beides für mich. Bis vergangenen Freitag war es mir unbekannt. Ich wusste nicht, ob das ein Ort, eine Aktion oder eine Person ist. Und wieso hüpft er aus einem Senftopf?

Als Kieler Nordlicht kenne ich Karneval aus den Nachrichten, wenn Politiker auf Bühnen stehen und versuchen, lustig zu sein. In der Schule feierte ich Fasching, allerdings im Februar. Um hier vorbereitet zu sein, schaute ich am Wochenende Youtube-Clips und las bei Wikipedia über diesen Hoppeditz. Die erste Irritation kam bei der Suche nach einer Kostümierung auf. Weder große Kaufhäuser noch kleine Ramschläden hatten Accessoires ausliegen, die signalisieren, dass am 11.11. die fünfte Jahreszeit losgeht. Dafür, dass da so ein Gewese drum gemacht wird, sehr verwunderlich. „Also jetzt steht erst mal Weihnachten an“, wurde ich von einer Verkäuferin im Kaufhof mit strengem Ton und ausladenden Handbewegungen, auf die omnipräsente Weihnachtsdekoration zeigend, hingewiesen.

Nun, Polizeimütze sowie ein paar Masken aus einem Prager Erotikshop konnte ich als Überbleibsel meiner partyesken Jugend noch finden. Glitzer habe ich immer im Haus.

 Gabi Kischkut (v.r.), Natascha Wiese und Kristina Tewes zeigen Fatima Krumm, wie man Karneval feiert. 

Gabi Kischkut (v.r.), Natascha Wiese und Kristina Tewes zeigen Fatima Krumm, wie man Karneval feiert. 

Foto: Fatima Krumm

Auf dem Weg zum Rathaus sah ich keinen einzigen Menschen, der nach Karneval aussah. Die Bilder auf Youtube zeigten Massen. Wo sind die denn? In der Altstadt begegnet mir der erste Clown, auf dem Marktplatz erstrahlt die bunte Menge. Ich stehe da. Alleine, frierend, wartend. Hinter mir ein paar nach Touristen aussehende Asiaten. Offensichtlich bin ich nicht die einzige Karnevalsjungfrau. Neben mir lässt es sich eine Damentruppe gut gehen. „Bumsfalleraaaaa“ tönt es herüber. Hätte ich deren Sektdöschen im zweistelligen Bereich getankt, wäre mir sicher auch um 10.50 Uhr schon nach Bumsfallera. Habe ich aber leider nicht. Im Supermarkt am Carlsplatz gab es keinen alkoholfreien Sekt, im Kiosk erst recht nicht. Die Stadt ist nicht vorbereitet auf Menschen, die als Karnevaleinsteiger anschließend nüchtern zur Arbeit wollen.

Die Truppen und Gruppen marschieren durch die Gassen. Die Kostüme erinnern einerseits an den CSD, andere an Bad-taste-Partys und Festivals. Ich glaube, Karneval ist ein Mix aus allem. Maske ab, Mütze auf. Welchen Arm reckt man in welche Richtung beim Helau? Ich gucke und lerne.

Und dann passiert es: Der Hoppeditz erwacht.  Da steht ein Oberbürgermeister, auf der anderen Seite oben im Rathaus eine Bundestagsabgeordnete und sie rufen nach Hoppeditz. Ich finde es kurios. Die Umweltspur ist sein großes Thema. Jeder dritte Satz ist ihr gewidmet.

Mit Dennis Barnau lerne ich einen Schleswig-Holsteiner Exilanten kennen. „Beim ersten Mal Karneval bin ich noch geflüchtet“, sagt der 34-Jährige. Das ist jetzt zwölf Jahre her. Seither nehme er sich immer frei, um mit seinen Freunden vor dem Rathaus zu feiern. „Ob Kölsch, ob Pils, ob Alt, de Hauptsache et knallt“, geben sie mir als Tipp mit auf den Weg. Ich trinke kein Bier. Ob Wein auch ginge?

Beim Schunkeln gleich mittendrin statt nur dabei

Vor der Bühne geht das Programm los. Prinzengarde und Tanzgarde und Band und alles. Wie es dann so ist: Aus Randstehern werden Mittänzer. Eine ältere Dame hakt mich unter. Gabi Kischkut  hat zwar ihr Erdbeerkostüm vergessen, kann mir dafür aber zeigen, wie man zum Karneval richtig schunkelt. Wir reihen uns ein zwischen Cowgirl und Abba-Double. Erst mal locker werden. Meine Zehen spüre ich zwar nicht mehr, aber dennoch werde ich gleich mit in die Polonaise gerissen. Karneval passiert. Als ich morgens ankam, hätte ich nicht gedacht, dass ich zwei Stunden später mit den Armen auf irgendjemandes Schulter „Liebe kleine Funkmarie, dir bleib ich treu und vergesse dich nie“ gröle. Wat ein Spaß.

Für Cowgirl Natascha Wiese ist Karneval Pflicht. Auch wenn sie bedauert, dass es in Düsseldorf nicht ganz so groß zugehe wie in Köln. „Beim Karneval sind alle gleich“, sagt die 36-Jährige. Ihr Tipp für Karneval-Erstis: „Knutschen, soviel du kannst“. Na dann. Ich nicke und nippe am Sekt, die ganze Flasche wäre mir lieber. Nächstes mal ist mehr Outfit. Und mit Skiunterwäsche und Getränken würde ich schon gern wiederkommen, vielleicht auch entspannter die Tipps beherzigen. Warum der Hoppeditz in einem Senftopf steht, weiß ich allerdings immer noch nicht.

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