Wird wieder geräumt oder nicht? Hambacher Forst: Die Landesregierung sieht keine Widersprüche

Düsseldorf · Innenminister und Bauministerin stellen sich in einer Fragestunde dem Landtag. Der Tenor: Keiner hat gelogen, es gab nur „zwei Herangehensweisen“. Und: Antworten auf die Frage nach der Zukunft.

 Szene von einer Demo am Hambacher Forst 2018.

Szene von einer Demo am Hambacher Forst 2018.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Er sei „ein wahrer Meister der Verwirrungskünste“ bescheinigt die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Schäffer, Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch im Landtag. Mal habe er gesagt, den Hambacher Forst nur wegen des Brandschutzes geräumt zu haben, mal sei es um die Vermeidung einer Eskalation zu Rodungsbeginn gegangen. Und Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) betonte noch vergangene Woche, Räumung und Rodung hätten nichts miteinander zu tun gehabt. „Einer von beiden sagt nicht die Wahrheit“, konstatiert Schäffer. Die Minister bestreiten das in einer Fragestunde im Parlament.

Gab es vor der Räumung des Forstes Absprachen mit RWE?

SPD-Mann Sven Wolf weist darauf hin, dass es nachweislich Gespräche zwischen Reul und der RWE-Spitze zur Planung der Räumung gab – trotzdem habe der Minister Absprachen mit RWE bestritten. „Es gibt keinen Widerspruch“, behauptet Reul. Mit dem Begriff „Absprachen“ habe die Opposition impliziert, er habe geheime Abmachungen mit dem Konzern getroffen, sogar in dessen Auftrag gehandelt. Und das stimme nicht. Gespräche und Vereinbarungen zu geplanten Rodungstagen und dem von RWE eingesetzten Sicherheitspersonal habe es aber sehr wohl gegeben.

Hätte es die Räumung ohne den Plan der Rodung gegeben?

Die Antwort von Innenminister Reul ist kurz und knapp: „Ja, natürlich.“

Aber er hat doch zuletzt zugegeben, dass er nach einem Grund für die Räumung vor einer Rodung gesucht hat. Wie passt das?

Reul bekräftigt, dass der Hambacher Forst 2018 ein „Sammelbecken für Chaoten und Radikale aus ganz Europa“ war und er eine Eskalation mit Rodungsbeginn befürchtete. Deshalb habe er im Juni seine Kabinettskollegen angeschrieben und gefragt, was sie zur Lösung des Problems beitragen könnten. Bauministerin Scharrenbach erklärt, ihr Haus sei mit dieser Anfrage umgegangen wie mit zigtausend anderen Hinweisen auf baurechtliche Verstöße: Man habe das überprüft, festgestellt, dass es bauliche Anlagen im Wald gibt und dass diese illegal errichtet sind.

Reul hat im Innenausschuss gesagt, er habe einen Grund für die Räumung gesucht, Scharrenbach im Bauausschuss, die Räumung sei allein wegen des Brandschutzes erfolgt. Ist das etwa kein Widerspruch?

Reul erklärt diese anscheinende Diskrepanz mit „zwei Herangehensweisen“. Er als Innenminister habe Gefahren durch eine Eskalation bei der ersten Baumfällung abwehren wollen, für Scharrenbach als Bauministerin indes zählt nur, was im zweiten Schritt ihre Überprüfung ergab. Die rechtliche Grundlage der Räumung selbst, betont Reul, hatte mit der Rodung tatsächlich nichts zu tun, sondern mit „Gefahr in Verzug“ durch die Baumängel der Baumhäuser. Das hätten auch ein Verwaltungs- sowie das Oberverwaltungsgericht bestätigt.

Aber wenn die Räumung mit der Rodung nichts zu tun hatte – muss man dann nicht heute erneut räumen?

Die entscheidende Frage taucht in der Debatte erst um 17.45 Uhr auf. Scharrenbach bekräftigt zur Intention der Oppositionsnachfrage: „Hätten wir auch geräumt ohne Rodung? Ja, hätten wir.“ Die Lage sei heute aber anders. Es gebe „andere bauliche Qualitäten“ im Wald. Damit meint sie nicht, dass die Baumhäuser besser sind, sie seien aber tiefer in den Forst hineingebaut, somit müssten Bäume für die Räumung gefällt werden – trotz Rodungsmoratoriums. Zudem hätten die Behausungen teils Doppelverglasung, was für Einsatzkräfte ein zusätzliches Verletzungsrisiko berge. Und: Es gebe im Gegensatz zum Sommer 2018 eine Allgemeinverfügung, die jedem im Hambacher Forst klar mache, dass der Aufenthalt gefährlich ist. Ergo: Geräumt wird zumindest vorerst nicht.

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