Anschlag Gift in der Milch - Fahnder sehen Mordversuch nach Anschlag in Uni

Sieben Menschen auf einem Uni-Campus in Darmstadt erleiden Vergiftungen, einer schwebt vorübergehend akut in Lebensgefahr. Mitarbeiter und Studenten sind nun besorgt. Wer die giftigen Stoffe in Lebensmitteln deponiert hat ist unklar, ebenso die Motivation.

 Sieben Menschen auf einem Uni-Campus in Darmstadt erleiden Vergiftungen, einer schwebt vorübergehend akut in Lebensgefahr.

Sieben Menschen auf einem Uni-Campus in Darmstadt erleiden Vergiftungen, einer schwebt vorübergehend akut in Lebensgefahr.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Die Gift-Attacke traf die Universitätsmitarbeiter und Studierenden wohl völlig arglos - nach dem mutmaßlichen Anschlag mit toxischen Stoffen an der TU Darmstadt wird nun wegen versuchten Mordes ermittelt. Das Hessische Landeskriminalamt (LKA) habe in den auf einem Uni-Campus sichergestellten Lebensmitteln Stoffe festgestellt, die zu den Vergiftungserscheinungen bei sieben Menschen geführt haben könnten, teilten die Ermittler am Dienstag mit.

Um welche Stoffe es sich handelt, gaben sie nicht preis. „Manche Dinge können und wollen wir nicht veröffentlichen“, hieß es mit Blick auf mögliches Täterwissen. Die Hochschule meldete am Nachmittag, dass es allen Opfern besser geht.

Eine 40-köpfige Mordkommission mit dem Namen „Licht“ will nun möglichst rasch den oder die Verursacher finden. „Das kann je nach Stand der Ermittlungen noch aufgestockt werden, je nach Lage“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Robert Hartmann. Aktuell gebe es noch keine Hinweise auf einen möglichen Täter oder die Motive. Auch werde noch ermittelt, wer möglicherweise am Wochenende Zugang zu dem Gebäude hatte.

Als Reaktion auf die Vergiftungserscheinungen bei mindestens sieben Menschen war am Montag ein Großaufgebot von Einsatzkräften am Gebäude L201 des Campus. Sechs Menschen mussten mit Symptomen wie Unwohlsein und Verfärbungen in Kliniken gebracht worden. Ein 30 Jahre alter Student befand sich zunächst in einem kritischen Zustand, der sich nach Polizeiangaben aber stabilisierte. Laut Hartmann bestand vorübergehend akute Lebensgefahr.

Umso größer war am Dienstagnachmittag die Freude an der Uni. Allen Opfern geht es inzwischen besser. „Große Erleichterung!“, schrieb die Hochschule in einer entsprechenden Twitter-Mitteilung. Auch die letzten beiden Betroffenen könnten noch am selben Tag die Klinik verlassen.

Am Dienstagvormittag erinnerte am Gebäude L201 nichts mehr an das Großaufgebot von Ermittlern. Ingenieur Falk Münch arbeitete in einem Nachbargebäude, als er am Montag von Freunden und über soziale Medien von den Vergiftungen hörte. Plötzlich seien überall Polizeifahrzeuge und Krankenwagen gewesen, so Münch, der ein Opfer kennt. Es sei nur das eine Gebäude betroffen gewesen. „Wir sind trotzdem vorsichtig.“

Bei der weiteren Suche in Gebäuden auf dem Campus, auf dem unter anderem Maschinenbauer, Bau-Ingenieure und Naturwissenschaftler ausgebildet werden, seien aber keine weiteren verdächtigen Gegenstände gefunden worden, teilten die Ermittler mit. Bis Dienstagmorgen hätten sich auch keine weiteren Menschen mit Vergiftungserscheinungen gemeldet.

Die Ermittler hatten am Montag mitgeteilt, dass mehrere Milchpackungen und Wasserbehälter mit dem gesundheitsschädlichen Stoff versetzt worden sind. Die Polizei riet dringend dazu, auf dem Campus nur Lebensmittel zu verzehren, die jederzeit unter Aufsicht aufbewahrt wurden.

„Wir sind erschüttert angesichts der offensichtlichen Straftat, die sich an unserer Universität ereignet hat“, teilte die Präsidentin der Hochschule, Tanja Brühl, am Dienstag mit. „Ich werde so schnell wie möglich mit ihnen persönlichen Kontakt aufnehmen, sofern es ihr Zustand erlaubt.“ Nach Angaben von TU-Kanzler Manfred Efinger soll auch psychologische Hilfe angeboten werden. „Natürlich sind die Beschäftigten besorgt, beunruhigt.“

Giftattacken am Arbeitsplatz kommen gar nicht so selten vor. Im hessischen Bad Nauheim backte eine Krankenschwester Kekse für die Kollegen. Was wie eine nette Geste klang, verursachte bei einigen Kollegen Schwindel und Bewusstlosigkeit. Die Frau hatte nach Auffassung des Landgerichts Gießen Beruhigungs- und Schlafmittel in die Naschereien gemixt - im Mai 2020 wurde sie wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt.

In der Gemeinde Schloß Holte-Stukenbrock in Nordrhein-Westfalen vergiftete ein Mann nach Auffassung des Landgerichts Bielefeld die Pausenbrote seiner Kollegen. Gegen ihn wurde wegen Mordversuchs eine lebenslange Haft verhängt.

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